Arbeitsamt jetzt online

Mehr Geld für Qualifizierung im Bereich Neue Medien: 30 Millionen Mark will die Bundeanstalt für Arbeit in Hamburg einsetzen  ■ Von Wolf Schairer

Ob EDV-AnwenderIn oder Mediengestaltung, ob Online-Design, SAP-Organisation oder E-Commerce-EntwicklerIn: Das Hamburger Arbeitsamt geht neue Wege. In dieser Woche präsentierte es sein Angebot zur „Qualifizierung und Weiterbildung Multimedia/IT/Neue Medien 2000“ und lobte sich kräftig selbst. Mehr als 30 Millionen Mark, so Abteilungsleiter Karl-Heinz Klemann, würden allein in diesem Jahr investiert, um rund 1500 Arbeitssuchende im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) fit zu machen, 75 Kurse stünden zur Auswahl. Und auch Günther Henke, beim Arbeitsamt Ansprechpartner für Unternehmen, die IKT-Fachleute suchen, versprühte Zuversicht: „Unsere Absolventen kommen zu fast 100 Prozent unter.“

Entsprechend groß ist die Nachfrage: Zehn BewerberInnen kommen auf eine Stelle. Wer am talentiertesten sei, bekomme die begehrte Weiterbildung – hauptsächlich, so die Erfahrung der Behörde, Abi-turientInnen und Arbeitslose aus der Werbebranche.

Dass das Arbeitsamt des längeren offline war, ist für Klemann nur bedingt selbstverschuldet. Zwar habe man in der Vergangenheit die rasante Entwicklung bei den Neuen Medien unterschätzt, doch auch die Unternehmen hätten den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften nicht übersehen können und den Arbeitsämtern keine Zahlen geliefert. Und noch etwas bekümmert den Behördenmann: Viele offene Stellen würden gar nicht gemeldet, der Neue Markt entwickle sich chaotisch und unstrukturiert, fast immer außerhalb herkömmlicher Tarifstrukturen. „Oft wird mit Werks- oder Zeitverträgen gearbeitet, so dass eine Schattenwirtschaft entsteht, die die Statistik nicht entlastet“, klagt Klemann. Dies einzudämmen sei dem Arbeitsamt bisher noch nicht gelungen.

Auch dass die unzureichende Ausbildung in den Unternehmen selbst jetzt mit ausländischen Computerfachleuten kompensiert werden soll, ist Klemann ein Dorn im Auge. Er will die Betriebe stärker in die Pflicht nehmen: „Wir versuchen, in Gesprächen mit interessierten Firmen, Beschäftigte weiter zu qualifizieren, bevor sie arbeitslos werden.“ Gedacht sei an eine Art von Rotation: „Die Betriebe schicken eine Anzahl von Arbeitnehmern zu Weiterbildung und stellen dafür aus beendeten Kursen PraktikantInnen ein.“ Der Vorteil für die Firmen: Sie könnten selbst Einfluss auf die Art der Weiterbildung nehmen.

Ein weiteres Ziel des Arbeitsamtes ist es, Hamburgs arbeitslose InformatikerInnen wieder in Lohn und Brot zu bringen. Für Günther Henke ein Problem: „Wer den klassischen Berufsweg beschritten hat, muss hier mit außertariflichen Strukturen, wenig Geld und flexib-len Arbeitszeiten rechnen“, warnt er. Von den mehr als 700 Arbeitslosen im IKT-Bereich seien etwa 80 Prozent über 40 Jahre alt. Henke sarkastisch: „Die gelten dann schon als Rentner.“