Waldau bricht Verhandlungen ab

Das Theater glaubt, sich auch ohne den Verkauf seiner Spielstätte an die Stadt retten zu können. Kultursenator Bernt Schulte (CDU) legt derweil ein Gutachten vor, das dem Theater eine sichere Zukunft verheißt. Voraussetzung: Mehr spielen, mehr Zuschauer

Die Leitung des in Finanznot geratenen Waldau Theaters hat die Verhandlungen mit der stadteigenen Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) über den Verkauf der Theaterimmobilie an die Stadt abgebrochen. Wie Waldau-Geschäftsführer Axel Schroeder auf Nachfrage bestätigte, seien die Vertragskonditionen der BIG für sein Haus nicht tragbar gewesen. Das Theater versuche nun, bei einer Bank ein Hypothekendarlehen in Höhe von 500.000 Mark zu bekommen. Mit diesem Geld sei das Theater in der Lage, das Insolvenzverfahren aus eigenen Kräften zu vermeiden und gleichzeitig den Immobilienbesitz zu sichern.

Schroeders Optimismus wird allerdings momentan noch überschattet von einem nach wie vor weit klaffendem Loch in der Theaterkasse von 721.000 Mark. Beim Umbau der Waller Immobilie für Probenräume der Kammerphilharmonie sind dem Theater nämlich Mehrkosten in eben dieser Höhe entstanden. Aus der Sicht Schroeders muss Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) dafür geradestehen. Der aber weigert sich bislang hartnäkkig, die Rechnung zu begleichen. Sollte sich in Hattigs Ressort kein Sinneswandel abzeichnen, stünde das Waldau Theater sehr bald wieder vor der Pleite.

Zugleich wächst beim Waldau-Geschäftsführer der Unmut darüber, dass der Mietvertrag mit der Kammerphilharmonie noch immer nicht unterschrieben ist. Seit 1997 liegt der Vertragsentwurf nämlich, laut Schroeder, unterschriftsreif in der Kultur- und in der Wirtschaftsbehörde; bislang aber ohne jede Reaktion. Seit Abschluss der Umbaumaßnahmen Anfang des vergangenen Jahres schickt das Waldau Theater seither allmonatlich Rechnungen über die anfallenden Nebenkosten für die Probenräume in Höhe von 7.000 Mark an die Kulturbehörde. Bezahlt habe die Behörde bislang nicht eine, so dass die Schulden des Theaters seither kontinuierlich anwüchsen. Aus der Behörde war gestern dazu keine Stellungnahme zu erhalten.

Stattdessen konnte ein sichtlich stolzer Kultursenator Bernt Schulte (CDU) gestern der Presse die Betriebsuntersuchung über das Waldau Theater präsentieren, die die neue städtische Controlling-Firma kmb in Schultes Auftrag durchgeführt hat. Laut kmb-Gutachten kann das Waldau-Theater mit einem mittelfristigen jährlichen Zuschuss von 1,3 Millionen Mark als Produktionsstätte für niederdeutsches Theater, Boulevard- und Märchenstücke wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden. Voraussetzung: Das Theater verzichtet zukünftig auf Produktionen im Kinder- und Jugendbereich und schließt seine Schauspielschule.

Die Anzahl der jährlichen Vorstellungen von derzeit 233 soll hingegen laut Gutachten schrittweise bis 2004 um 34 Prozent auf 312 erhöht werden. Im selben Zeitraum müssen gemäß der kmb-Prognose zudem 29.000 ZuschauerInnen mehr dem Reiz des Theaterangebots erliegen, was einer Zuwachsrate von 30 Prozent entspricht. Allein bei den niederdeutschen Inszenierungen hält die kmb eine Verdoppelung der Vorstellungen und einen BesucherInnenzuwachs von 90 Prozent in dieser Sparte für realistisch. Vergleiche mit anderen niederdeutschen Theatern hätten ergeben, dass das Waldau Theater in diesem Bereich nur vier Prozent seines Potenzials ausschöpfe.

Waldau-Geschäftsführer Axel Schroeder begrüßt die Vorschläge der kmb. Man arbeite bereits mit Hochdruck an der Umsetzung der kmb-Vorgaben. Allerdings muss die Waldau-Crew die geforderte, deutlich intensivere Bespielung seines Theaters mit einem zukünftig ebenfalls deutlich verkleinerten Personalstamm hinbekommen. Nach Angaben von Schroeder soll die Belegschaft von derzeit 38 in den kommenden Monaten auf 30 Personen reduziert werden. Auch Waldau-Intendant Michael Derda musste Kürzungen hinnehmen. Nach Angaben des Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Nölle hat Derda inzwischen einen neuen Vertrag mit reduzierter Laufzeit und niedrigeren Bezügen unterschrieben. zott