Spitzfindig hilft Dickfellig

Kohls Anwalt bescheinigt seinem Mandanten zum 70. Geburtstag vollkommene Unschuld. Presse wird mit Gutachten über des Altkanzlers Parteinützigkeit betört

BERLIN taz ■ Wer was auf sich hält, lässt sich für einen solchen Termin nicht lumpen: Da wird ein Saal im teuren „Four Seasons“-Hotel gebucht und einen Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie rangekarrt, den man nur „aus der Literatur“ kennt. Zwischen Lüstern, Stofftapeten und Louis-XVI.-Imitaten wird den staunenden Journalisten dann erklärt, dass Helmut Kohl sich auf keinen Fall der Untreue schuldig gemacht hat. Schließlich habe Kohl das Geld aus den schwarzen Kassen nicht für „eigennützige Motive“ genutzt, und die Partei habe er auch nicht geschädigt.

Um dem Dicken offenbar ein hübsches Geburtstagsgeschenk zum 70. zu machen, hat Kohls Anwalt, Stephan J. Holthoff-Pförtner, geladen und den Bayreuther Jura-Professor Harro Otto mitgebracht. Dieser hat zwei Gutachten erstellt, in denen er sich auf die rein faktischen Bericht der CDU-Wirtschaftsprüfer und auf die öffentlichen Aussagen von Kohl stützt.

Auf dieser Basis erklärt der ältere Herr in freundlichem Plauderton, dass der Kanzler sich zwar „rechtswidrig“, aber auf keinen Fall „strafbar“ verhalten hat mit seinen schwarzen Kassen und den illegalen Spenden. Die er im übrigen der Partei gegenüber auch nicht verschleiert habe. Denn „Herr Dr. Kohl hat die ihm übergebenen Spenden nicht durch eigenmächtige Einzahlungen auf Konten, die der Partei unbekannt waren, vor der Partei oder ihren Organen verborgen gehalten“, und Weyrauch, der damalige Finanzberater der CDU, hielt die „auf die Treuhand-Anderkonten eingezahlten Mittel jederzeit für die Partei“ bereit und war „jederzeit in der Lage, sie zur Verfügung zu stellen“. Der Vorwurf der Untreue könne Kohl also nicht gemacht werden, ist die Conclusio der Gutachten, in denen der Jurist vielleicht juristisch spitzfindig, aber faktisch anpassungsfähig argumentiert.

Der informierte Laie fragt sie dennoch: Muss die CDU nicht mit Strafsanktionen in Millionenhöhe rechnen, weil der Alte illegale Spenden angenommen hat und Millionen am Rechenschaftsbericht vorbei transferiert wurden? Wieso hat er die Partei also nicht geschädigt? Oder, wenn die schwarzen Konten der Partei bekannt waren, wieso wusste außer dem Inner-Kohl-Zirkel keiner was darüber? „Ich bin halt kein Jurist, sondern nur mit einem gesunden Menschenverstand ausgestattet“, antwortet einer zynisch. KARIN NINK