Leben in Pannenland

Im Duell der Mediokren gewinnt Hertha BSC gegen den FC Schalke 04 mit 2:1 Toren und verdrängt die Turbulenzen der vergangenen Woche, als Trainer Jürgen Röber Amtsmüdigkeit angedichtet wurde

Das hätte man nicht gedacht. Yves Eigenrauch gehört offenbar zu jenen Traditionalisten, die immer noch nicht gut auf die Bild-Zeitung zu sprechen sind. Oder war es nur der falsche Zeitpunkt? Kurz nach Spielende war jedenfalls eine Einschätzung vom kleinschreibenden Kolumnisten der taz – leben in funnyland – nicht zu bekommen. Schon gar nicht, wenn ihn Leute besagter auflagenstarker Zeitung umstünden, sagte Eigenrauch. Yves düste beim Gang vom Feld in die Kabine also an allen vorbei. Ein Ruf der taz stoppte kurz seinen Sturmlauf, doch er sagte nur: „Hast du das Spiel nicht gesehen? Was soll ich eine Analyse abgeben. Ich habe doch auf dem Platz gestanden und nicht auf der Tribüne gesessen.“ Auf den Einwand hin, Kolumnisten seien doch auch mit analytischen Fähigkeiten ausgestattet, entschied sich Eigenrauch, den Dialog zu beenden.

Schalke hatte 1:2 im Berliner Olympiastadion gegen Hertha verloren. Eigenrauch spielte ganz gut, passte intelligent, wagte sich auf der rechten Außenbahn oft nach vorn, um dann wieder in der Abwehr, seinem Betätigungsfeld, die Arbeit zu verrichten. Ein Unterfangen, das ihm Herthas Stürmer Michael Preetz und Alex Alves nicht schwer machten. Bis auf die 16. Minute, als Alves vor dem Strafraum der Schalker abzog und Eigenrauch sein Bein so unglücklich ausfuhr, dass der Ball abgefälscht im Tor von Oliver Reck landete. Nicht die einzige Panne an diesem Samstagnachmittag. Beim Ausgleich der Königsblauen durch Sand (45.) half Hertha-Keeper Gabor Kiraly mit, als er einen sicheren Ausball wieder von der Linie löffelte und den Schalkern so das Tor schenkte. Kiraly: „Ich wollte mit der Aktion ein bisschen Stimmung und Trubel machen.“

Es war ein Spiel, für das es im Fußballslang eine Formel gibt. Nämlich die: Es zählt nur, was unterm Strich herauskommt. Hertha-Trainer Jürgen Röber sagte: „Drei Punkte sind drei Punkte. Unterm Strich haben wir verdient gewonnen.“ Sein Abwehrspieler Kostas Konstantinidis ergänzte: „Es interessiert mich nicht, wenn ich schwach spiele, Hauptsache Punktgewinn.“

Der Erfolg überdeckte die Turbulenzen der Woche, als ein Interview Röbers in einer Sportzeitung als Demissionserklärung missdeutet wurde. Manager Dieter Hoeneß sagte am Samstag dazu: „Das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Solche Kindereien haben wir nicht nötig. Das war eine momentane Befindlichkeit von Röber auf eine Frage hin.“ Er sei nur an Lösungen und Ursachenforschung interessiert, nicht an „platten Dingen“, und im Moment auch nur daran, dass sein Team gewonnen habe. Das sei schwer genug gewesen. „In dieser Saison müssen wir sehr mühsam und mit Willen das Ergebnis suchen.“

Sehr mühsam und mit Willen wird sich Eigenrauch wohl an die Lektüre der Bild wagen müssen. Warum auch nicht. Stand doch in der Sonntagsausgabe nur der harmlose Satz über ihn drin: „Eigenrauch lenkte das Schüsschen ins eigene Tor.“ Das kann man doch verkraften.

MARKUS VÖLKER