besuch der alten dame
: MARKUS VÖLKER über den VIP-Karten-Verwalter

HERTHA, EIN TRAUMJOB

Er ist der Mann, der um die große Solero-Eistüte hinter der Mannschaftsbank schleicht. Er ist der Typ, der sich an die Werbestele von Christinenbrunnen neben der Mannschaftsbank lehnt. Er ist das Wesen, das sich breitbeinig mit dem Erstehilfetrupp unterhält abseits der Mannschaftsbank.

Hans-Georg Felder steht in der zweiten Reihe. Das ist sein Job. Er ist Pressesprecher bei Hertha BSC Berlin. Ein Traum, dieser Job. Sagt Felder. Seine Freunde nennen ihn Hansi. Das ist kaum zu glauben. Denn aus der Ferne sieht Hansi wie Georg aus. Immer auf der Suche nach dem Feldherrenhügel, um die Bank zu überblicken. Frisur ganz Nato-Luftwaffenoffizier. So ein Schnitt ist auch auf den Marktplätzen brandenburgischer Kleinstädte angesagt.

Outfit streng. Schwarzer Mohair-Mantel, dunkelgrauer Anzug, weißes Baumwollhemd, orangefarbene Krawatte. Mittdreißiger. Das Gesicht trägt die Krater eines pubertären Hormonproblems. Ein Mann mit Ambitionen auf einen Fensterplatz im „Borchardt“. Oder mehr? Ist Felder wirklich nur zweite Reihe?

Vieles spricht dagegen. Aber man kann sich täuschen. Weil: Im Gespräch wird Georg zum Hansi. Manchmal. Etwa wenn er über seine Berufung spricht und ihm Wasser in die Augen schießt. Alles für Hertha. So schön kosmopolitisch ist es. Obwohl. Abzusehen war der Plausch mit Barcas oder Portos Pressemännern nicht. Als Felder am 27. Juli 1998 nach Berlin kam, war Hertha noch klein. Jetzt ist sie groß.

Gott sei Dank gab es damals Vitamin B. Die Beziehungsdroge machte ihn fit für die Hauptstadt. Felders Dealer war sein Vorgänger. Also musste Felder raus aus der PR-Agentur. Nicht mehr in Köln Autos von Adam Opel bewerben. Von nun an acht Tageszeitungen in Berlin mit Infos beliefern. Das macht Spaß. Sagt Felder. Trotz einer Woche voller Fußball. Und immer rufen sie an. Am Morgen. Unter der Dusche. Am Abend. Das ist richtig lästig. Aber jeder will den guten Kontakt, die Exklusivnachricht. Dabei hat Felder die gar nicht. Die haben nur die Großkopferten, sagt er. Hoeneß, Röber, Schwan, die halt.

Was Felder hat, ist die Macht über die Karten. Der eine kriegt sie, der andere nicht. Springer bekommt VIP-Karten. Eine andere Zeitung aus der Kochstraße nicht. Es ist nicht so, dass Herr Felder diese kleine Zeitung nicht mag. Es gab da zwar mal einen Bericht, erinnert er sich, im Grunde geht es ihm aber nur um Hertha. Es ist eine einfache Abmachung. Hie Präsenz und dicke Lettern, da Zutritt zum Intimbereich.

Felder ist der Mittler, der zwischen den Stühlen. Sein berühmtester Satz geht so: Zu meiner Linken darf ich den Trainer der Gastmannschaft, den Herrn Soundso, begrüßen, ferner sind anwesend der Manager Dingens und Geschäftsführer Dongens, ich erteile ihnen das Wort. Ja, was macht er sonst noch? Er sagt zum Beispiel: „Ich reise gern, fahre gern in fremde Städte.“ Oder: „Was wöllte ich in Wolfsburg, dort gibt es nur die Wolfsburger Nachrichten.“ Und: „Englisch brauche ich nicht, wenn ich mit Unterhaching oder Ulm telefoniere.“ Telegrafiert Felder nach München zu den Bayern, spricht er ganz gern deutsch. Die Bayern, die sind ja noch größer als Hertha.