Empor steht ganz unten

Die Kicker von Empor Hohenschönhausen machen ihrem Namen keine Ehre. Sie sind das schlechteste Fußballteam der Stadt. Erfolg ist es, wenn sie nicht zweistellig verlieren

von KIRSTEN KÜPPERS

Heute spielen sie zu Hause, Sonntag Nachmittag auf einem Schulsportplatz im Plattenbaugebiet. Nur eine Hand voll rauchender Zuschauer ist gekommen und eine dünne Freundin, die nebenher für eine Mathearbeit lernt. Es beginnt zu nieseln, der Heimvorteil nutzt den Kickern von Empor Hohenschönhausen nichts. Das Spiel gegen den SV Spandau hat sich längst in die Hälfte der Gastgeber verlagert. Ein paar unsinnige Pässe, gegen Ende häufen sich die Frustfouls. Immerhin stellt sich der Schiedsrichter bei einer eindeutigen Elfmeter-Situation blind. „Weil Empor Hohenschönhausen immer so fair spielt“, rechtfertigt er sich später. Verloren haben sie trotzdem: 0:4. Wenigstens nicht zweistellig.

Empor Hohenschönhausen ist Berlins schlechteste Fußballmannschaft. Tabellenletzter in der Kreisliga C, der untersten Spielklasse im Fußball. Und das, seit die Männer antreten: In der Spielzeit 95/96 wurde Empor Letzter, 96/97 ebenfalls. In der nächsten Saison landete Empor auf dem vorletzten Platz, weil man eine Taubstummen-Mannschaft besiegte. Es folgten wieder zwei frustrierende Jahre als Letzter. Empor Hohenschönhausen ist ganz unten. Zu so einem Spiel kommt nicht mal ein Bratwurstverkäufer.

Nur die Hoffnung bleibt. „Wir wollen nicht mehr nur die Punktelieferanten für die anderen Mannschaften sein“, klagt Bernd Rück, Abteilungsleiter Fußball bei Empor. „Unsere Chance ist die kommende Saison.“ Die Hoffnungen richten sich auf einige A-Jugendliche, die in die Männer-Mannschaft aufrücken. Denn das Team leidet unter Spielermangel. Im letzten Herbst sind acht Männer gegangen, es gab Streit, der Trainer schmiss das Handtuch. Den Job übernahm im November der 33-jährige Heiko Saar. Er präsentiert sich als Realist: „Deutscher Meister werden wir nie.“

Doch auch wenn jetzt nicht mehr die besten Kumpels für ein Sonntagsspiel einspringen müssen: Zu wenig Fußballer hat Empor immer noch. Das ist schon beim Training ein Problem. Gekickt wird auf einem stumpfen Kunstrasenplatz. Dort hat der Platzwart die Anweisung, das Flutlicht auszumachen, wenn weniger als 12 Leute erscheinen. „Im Winter ein Riesenproblem“, nickt Bernd Rück. Da standen die Männer öfters im Dunklen. Der gelernte Elektriker Rück will die Anlage nun so ummontieren, dass wenigstens ein Teil der Scheinwerfer seine Männer erleuchtet.

„Natürlich ist jede Menge Idealismus dabei“ begründet Rück den beharrlichen Kampfgeist. „Wir wurden schon so oft totgesagt“, sagt er stolz, da kümmere ihn kein dummer Spruch von Kollegen mehr. Oder dass gegnerische Spieler gerne prahlen, „heut mach ich wieder 10:0 gegen Empor“.

Dass es jetzt aufwärts gehen werde, sei vor allem das Verdienst des neuen Trainers, dem „Herz der Fußballabteilung“. Man verliere nicht mehr zweistellig. Das 0:28 vor drei Jahren sei sowieso eine abgekartete Sache gewesen. Für zwei Kästen Bier hätte man damals der anderen Mannschaft die Punkte für den Aufstieg geliefert.

Inzwischen sorge Trainer Saar auch für mehr Ruhe auf dem Platz. Das ständige Meckern sei weniger geworden. Derlei Zicken hatten sich die Spieler von den prominenten Kickern aus dem Fernseher abgeguckt. Doch der neue Trainer hätte den Jungs klipp und klar gesagt, „wir sind nicht Profifußball“. Drei oder vier Leute in der Mannschaft hatten sogar „überhaupt kein Auge für Fußball“, musste Saar feststellen. Doch „rausgeschmissen haben wir noch keinen“, beteuert Rück. Schließlich ist man nicht zuletzt auch wegen der Flutlichtanlage auf jeden Mann angewiesen.

Trotz so viel Gemeinschaftssinn sieht Saar die Moral der Truppe sinken. „Wenn du jedes Spiel verlierst, ist das eine mentale Frage.“ Aufmunternde Pausengespräche reichen auf Dauer nicht. „Wir brauchen auch mal einen Sieg“, weiß der Trainer. Darum wäre ein Triumph gegen den Tabellen-Zweiten Spandau toll gewesen. Bernd Rück hängt die Latte freilich nicht so hoch. „Wir sind froh, wenn wir nicht Letzter werden“, sagt er. Rück sähe es am liebsten, dass Empor gegen Blauweiß Friedrichshain oder den ASV gewinnt. Die beiden Vereine liegen in der Tabelle knapp vor den Hohenschönhausern.

Vorerst können jedoch die anderen Mannschaften noch siegessicher gegen den Tabellenletzten antreten. Empors Torwart wirkt nicht gerade Vertrauen erweckend, das Selbstbewusstsein des Teams ist schon mit Beginn der zweiten Halbzeit geschwächt. Die Spandauer haben nach dem ersten Treffer Blut geleckt. Nach dem 2:0 von Eddie „Spagetti“ bricht Empors Abwehr vollends zusammen. Die Betreuer der Spandauer grinsen fies. „Der Torwart ist auch so ’ne Pflaume“, sagt einer.