■ Darf eine muslimische Lehrerin Kindermit Kopftuch unterrichten? Wäre das falsch verstandene Toleranz?
: Kein allgemeines Glaubenssymbol

betr.: „Kein Kruxifix, kein Kopftuch“ (Null Toleranz), taz vom 25./26. 3. 00

Was wäre denn eigentlich, wenn die christliche Kirche das Tragen von langen, wallenden Gewändern für Mädchen und Frauen zum Maßstab von Religiosität machen würde? Ein Aufschrei der Empörung ginge (hoffentlich) durch dieses Land. [...]

Im Herkunftsland Frau Ludins (Afghanistan) wird die Religion mit ihrer strengen Kleiderordnung dazu benutzt, Frauen und Mädchen vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen. In vielen hier bei uns lebenden ausländischen Familien wird die Religion benutzt, um männliche Herrschaftsstrukturen zu manifestieren. Mädchen werden vom Sport- und Schwimmunterricht befreit, Klassenreisen sind tabu. Väter und Brüder bestimmen über die Rechte der Mädchen. Frau Ludin ist Grundschullehrerin. Wie will sie sich für die Gleichberechtigung der Mädchen einsetzen? Wie will sie denn zum Beispiel muslimischen Eltern vermitteln, dass die Teilnahme am Sport- und Schwimmunterricht auch für Mädchen wichtig ist, wenn sie selbst nicht mal ihren Kopf enthüllt? [...]

RENATE LAUZENIS, Berlin

[...] Im Koran gilt die Pflicht, sich anständig zu bedecken, für Mann und Frau. Während das Kreuz ein allgemeines Zeichen des Bekenntnisses für Christus ist, ist das Kopftuch kein allgemeines Symbol für den Glauben, sondern es ist ein Symbol für die Andersartigkeit der Frau. [...] Einem Grundschulkind nun zu vermitteln, dass eine Frau sich im Gegensatz zu einem Mann zu verhüllen hat, finde ich falsch. [...] Wenn sogar ein Land wie die Türkei, was ja eindeutig ein Land mit hauptsächlich muslimischer Bevölkerung ist, das Kopftuch zu tragen für eine Lehrperson verbietet, sollte Deutschland nicht aus falsch verstandener Toleranz einen solchen Schritt gehen und es hier erlauben!

KAREN ERMETE, Oldenburg

[...] Wenn dieses Urteil auf alle übertragbar wäre, dürfte auch das Kreuz als Anhänger nicht mehr getragen werden. Auf der anderen Seite sollen iranische Frauen zum Zweck der Abschiebung das Kopftuch tragen müssen, wenn es nach dem Verwaltungsgericht in Bayern geht. Das ist an Zynismus nicht mehr zu überbieten. [...]

BETTINA FENZEL, Bremen

[...] Bei der ganzen Diskussion um Religionsfreiheit, Staat und Schule, sollte meiner Meinung nach nicht vergessen werden, dass es dabei im Grunde um Kinder geht, die auf Grund ihres Entwicklungsstandes noch sehr formbar sind, was eine entsprechende Beeinflussbarkeit mit sich bringt. Aus diesem Grund sind Heranwachsende auf die Fürsorge Erwachsener angewiesen, was eine entsprechende Verantwortung mit sich bringt, die ebenfalls nicht zu unterschätzen ist.

Es kann schon sein, dass es in Wirklichkeit nicht um religiöse Symbole an sich geht, sondern um diejenigen des Islams, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es sich dabei um eine Glaubensrichtung handelt, die alle Andersgläubigen als Ungläubige ansieht und sich unter der Berufung auf diesen, als einzig wahren angesehenen Glauben das Recht herausnimmt, zu foltern, zu töten und Frauen zu unterdrücken, ist meiner Meinung nach, insbesondere in Bezug auf die Kindern, um die es geht, eine zumindest kritische und aufmerksame Haltung dem Islam gegenüber angebracht. [...]

MATTHIAS KLEIN, Saarbrücken