Transpiration und Inspiration

■ Lahmer Schatten ihrer selbst: „Primal Scream“ im Grünspan

Sie gelten als Mitbegründer von Rave, Dub und Neo-Psychedlia. Einst kührte die britische Boulevardpresse sie gar zur „vielseitigsten Band des Jahrhunderts“: Primal Scream sind die wohl meistgehypte Bands der frühen 90er Jahre. Und so sehnten sich am Sonntagabend 800 erwartungsfrohe Fans im ausverkauften Grünspan dem Live-Auftritt der schottischen Rocker entgegen. Als Sänger Bobby Gillespie und seine Musiker schließlich zu acht die Bühne betraten, verflog die Vorfreude allerdings innerhalb kürzester Zeit.

Mit der Spritzigkeit einer Steinstatue stand der 35-jährige Gillespie auf der Bühne und hielt sich wie angewurzelt am Ständer seines Mikrofons fest. Bei unerträglich hohen Temperaturen kam er an diesem Abend als Einzigster nicht ins Schwitzen. Britisches Understatement oder offenkundiges Desinteresse? Gillespie versprühte Langeweile – und errinnerte dabei eher an Dire Straits als an den experimentierfreudigen Revoluzzer von früher. Gleichzeitig verspottete er sein Publikum („I heard this used to be a rocking city“) und parodierte abfällig dessen rhythmisches Geklatsche.

Bizarre Elektroklänge, hämmernde Bässe und Drums: Trotz großem Repertoire an alten Hits präsentierte die Band überwiegend Songs aus ihrem neuesten, mittlerweile sechsten Album XTRMNTR. Leider passten die harten Tanzrhythmen nicht recht zu Gillespies minimalistischer Bühnenshow. Knapp zwei Stunden lang ließen Primal Scream die Herrlichkeit vergangener Tage vermissen – fast wirkten sie wie ein Schatten ihrer selbst. „Wenn wir live spielen, fliegen die Wände weg“, hatte Gillespie unlängst versprochen. Die Wände des Grünspans bewegten sich an diesem Abend kein Stück.

Sebastian Leber