Rüttgers erhält ein bisschen Hilfe

Die Innenminister der unionsregierten Länder unterstützen den Anti-Green-Card-Kurs von Jürgen Rüttgers. Ganz sicher sind sie sich aber nicht: Anwerbung von ausländischen Spitzenkräften soll möglich sein – aber bitte nur ausnahmsweise

aus Berlin KARIN NINK

Die Innenminister der unionsregierten Bundesländer haben sich in der Debatte um die Green Card auf eine harte Linie verständigt. Zwar stimmen sie grundsätzlich der Anwerbung von ausländischen Spitzenkräften zu, doch könne dies nur „in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Abdeckung des aktuellen Bedarfs zugelassen werden“, heißt es in einer gestern veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme. Dies ist nach Meinung der CDU-Politiker bereits möglich und bedarf keiner neuen rechtlichen Regelung wie der von Bundeskanzler Gerhard Schröder vorgeschlagene Freiquote für Spitzenkräfte.

Um „Missbrauch zu vermeiden“, müsse es bei Einzelfallprüfungen bleiben, die aber wesentlich unbürokratischer und flexibler als bisher gehandhabt werden könnten, sagte der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU). Angesichts von 4 Millionen Arbeitslosen gebe es „zu einer Begrenzung der Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten keine Alternative“, betonten die Minister. Sie hatten sich am Sonntag Abend in Berlin auf eine gemeinsame Linie in der Ausländer- und Einwanderungspolitik geeinigt.

Gleichzeitig fordern sie die Abschaffung des im Grundgesetz garantierten individuellen Anspruchs auf Asyl zugunsten einer institutionellen Garantie. Auch müsse die „Zuwanderung von Wirtschaftsflüchtlingen wirksam“ unterbunden werden. Ein Einwanderungsgesetz lehnen die Unionspolitiker zum jetzigen Zeitpunkt ab. Wegen des „Sogs von Asylbewerbern“ müsse das Asylrecht überdacht werden, sagte der sächsische Innenminister Klaus Hardraht, erst dann könne man auch über ein Green-Card-System nach amerikanischem Vorbild nachdenken. Ähnlich hatte sich zuvor CDU-Fraktionschef Friedrich Merz geäußert.

Die Postkarteninitiative der NRW-CDU gegen die Green Card bezeichneten die Unions-Innenminister übereinstimmend als „Zuspitzung“, die aber im Grunde das Problem treffe. In ihrer Runde habe es keine Proteste gegen die Postkartenaktion des CDU-Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers gegeben. Die Grünen melden unterdessen einen Erfolg bei ihren E-Mail-Protesten gegen die Postkartenaktion. Die CDU-Zentrale in NRW und Rüttgers’ Büro seien unter dem Ansturm der Zuschriften offline gegangen.

Der Chefökonom der Deutschen Bank, Norbert Walter, warnte gestern davor, dass sich Investoren aus Ländern mit überwiegend älteren Arbeitnehmern zurückziehen werden. „Moderne Fabriken werden dort stehen, wo junge Leute sind“, sagte Walter anlässlich der offiziellen Vorstellung einer UN-Studie, wonach Deutschland pro Jahr rund 500.000 Zuwanderer braucht, um seine Bevölkerungszahl halten zu können. Nach den Prognosen der UN-Studie müsste ohne Einwanderung das Renteneintrittsalter im Jahr 2025 auf 75 Jahre angehoben werden. Die Wirtschaft könne ihre Produktivität nur mit Zuwanderern halten. Die Ansicht, dass die deutschen Arbeitslosen die Zuwanderer ersetzen könnten, sei falsch, sagte Walter. Die Ergebnisse der Studie waren bereits vor einiger Zeit öffentlich geworden.