Die Bahn kommt, doch Bremen pennt

■ Ein Eisenbahngutachten für eine Million Mark untersucht den Bremer Nahverkehr: 30 Prozent mehr Fahrgäste wären drin, wenn das Land endlich mehr in die Gleisstrecken investieren würde

Das Land Bremen entpuppt sich für den Personennahverkehr zu einem riesigen Bremsklotz. Zu dieser Einschätzung kommt ein „Eisenbahngutachten“ vom Juni 1999. Trotzdem blieb das Eine-Million-Mark teure Expertenmaterial bislang fast unbeachtet: Für die Ergebnisse – satte Investitionen im Gleisausbau für einen Aufschwung im Nahverkehr – interessierte sich kaum jemand. Im Januar tagte die Baudeputation. Dann war wieder Stillschweigen. Das soll sich ändern: Grüne und BUND fordern jetzt eine Bahnoffensive.

Beim BUND sieht man sich durch das Eisenbahngutachten über die „Entwicklung des Schienenpersonennahverkehrs in der Region Bremen“ voll bestätigt, berichtet Verkehrsreferent Peter Müller. Nur knapp befriedigend sei die Betriebsqualität des Bremer Schienennetzes, hatten die Gutachter der HaCon Ingenieurgesellschaft festgestellt. Freie Fahrplantrassen waren nicht drin. Um den Nahverkehr zu optimieren, müssten zusätzliche Gleise nach Bremen-Burg, Verden und Twistringen gelegt werden. Dann könnten die Regionalzüge nach Vegesack im 15-Minuten-Takt. alle anderen Stadtexpresse im 30-Minuten-Takt fahren.

Durch solche Angebote würde sich das Verkehrsaufkommen um 30 Prozent erhöhen, haben die Gutachter hochgerechnet. „So ein Zuwachs ist ganz enorm“, freute sich Müller. Für ihn weisen die Taktfrequenzen in die richtige Richtung. Nur so könne man die Pendler auf die Bahn bringen. Gerade aus dem Süden kämen rund 27.000 Pendler täglich nach Bremen.

„Die große Offensive im Schienenausbau hat es bislang nicht gegeben“, kritisiert der BUND. Seit zehn Jahren fordert man zusätzliche Gleise damit der Verkehr auf bestimmten Strecken besser fließt, erklärt Müller. Zwar hat die Bahn kräftig für die Bremer Region investiert: Zum Beispiel 120 Millionen Mark vergangenes Jahr für ein neues Stellwerk, das von Hannover aus den Verkehr regelt. Außerdem Umbau der Gleisanlagen im Bahnhof Bremen-Burg, der Ende Mai fertiggestellt wird. Aber der lange geforderte drei- bis viergleisige Ausbau auf den Strecken nach Bremen-Burg, Verden und Twistringen war bislang nicht dabei.

Auch die Grünen aus Bremen und Niedersachsen fordern jetzt beide Landesregierungen auf, „Dampf für ein besseres Bahnangebot“ zu machen. Zwar würde die Gleiserweite-rung rund 600 Millionen Mark kosten, der Bremer Anteil würde insgesamt bei 150 Millionen Mark liegen, schätzt der verkehrspolitischeSprecher der Bremer Grünen, Dieter Mützelburg. „Das ist keine Kleinigkeit“, gesteht er: „Das steht aber in keinem Verhältnis zu den 400 Millionen für den Hemlinger Tunnel.“

Ob allerdings das Gutachten in die Tat umgesetzt wird, ist fraglich: „Das hängt vom politischen Willen ab,“ meint Mützelburg. Wie die Bremer Politik bislang mit dem Gutachten umgegangen sei, zeige eher, „dass man das nicht offensiv angeht“, so Müller: „Ich habe die böse Vermutung, die Koaliltion will die Entscheidung ausbummeln.“ Deswegen wollen die Grünen das Thema Bundesbahn im Mai oder Juni in die Bürgerschaft bringen: Damit das Eisenbahngutachten „nicht totgeschwiegen wird“. pipe