Loyal, ruhig, integer

Angela Merkel hat eine gute Wahl getroffen. Als neuer Generalsekretär ist Ruprecht Polenz in der CDU unumstritten. Nur die CSU meckert

Es gilt als sicher, dass der Münsteraner Bundestagsabgeordnete der Mann an der Seite von Parteichefin Angela Merkel wird. Er ist ihr Wunschkandidat. Wenn sie nächste Woche von den Delegierten auf dem Essener Parteitag als Parteichefin gekürt wird, wird sie den 53-jährigen Juristen Ruprecht Polenz als ihren Generalsekretär berufen.

Merkel ist mit ihrer Wahl keinen faulen Kompromiss eingegangen. Bewusst hat sie keinen konservativen CDU-Vertreter gewählt, sondern einen, der wie sie der Partei ein modernes Profil geben will. Insofern ist ihre Wahl ein gute. Außerdem ist Polenz in den Reihen der CDU unumstritten. Seine Qualitäten werden geschätzt, auch wenn er nie ein Politiker der ersten Reihe war. Polenz gilt als loyal, ruhig und integer, als einer, der eine klare Position vertritt, sich aber nie nach vorne drängelt. Nur in der CSU wird gemault. Polenz sei bisher nicht „als Verbündeter von CSU-Positionen aufgefallen“, heißt es – was eher für als gegen Polenz spricht.

In der Tat wird der Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitiker dem liberalen Flügel der CDU zugeordnet. Zu dem in der Partei und erst recht in der CSU umstrittenen EU-Beitritt der Türkei kann man von Polenz Eindeutiges lesen: „Es liegt auch im europäischen Interesse, dass der Beitrittsprozess der Türkei am Ende gelingt.“

Polenz plädiert für Toleranz gegenüber dem Islam und engagiert sich für eine Verständigung zwischen Christentum und Islam. Vor kurzem hat er sich vehement gegen die Vollstreckung der Todesstrafe an einem Häftling in den USA eingesetzt. In der Unionsfraktion gilt der zurückhaltende Jurist als „mutig, aber nicht angreifbar“. Während der CDU-Finanzaffäre zählte er von Anfang an zu denjenigen, die eine lückenlose und schnelle Aufklärung verlangten. Zu Altkanzler Kohl ging er öffentlich auf Distanz, als dieser sich weigerte, die Namen der Spender zu nennen. Wolfgang Schäuble dagegen stärkte der Nordrhein-Westfale noch den Rücken, als viele – gerade aus Polenz’ eigenem Landesverband – den damaligen Fraktionschef abgelösen wollten. Polenz gilt als „Einzelgänger, der Vertrauen ausstrahlt“ – aber nicht als eigenbrötlerisch.

Der westdeutsche Katholik ist bei der rheinisch geprägten CDU eine gute Ergänzung zur ostdeutschen Protestantin. Wie er sich das Verhältnis zur künftigen Chefin vorstellt, hat er schon durchblicken lassen: Da Merkel anders als Kohl und Schäuble nicht noch auf die Regierung oder die Fraktion Rücksicht nehmen müsse, könne sie einen Teil der Aufgaben, die bisher für den Generalsekretär vorgesehen waren, selbst erledigen. KARIN NINK