Microsoft hat eine gut gefüllte Kriegskasse

Trotz der raschen Veränderung in der Computer- und Internetbranche wird die Firma den Markt noch einige Zeit dominieren

BERLIN taz ■ Die Zerschlagung des mächtigsten Software-Unternehmens der Welt kann sich über Jahre hinziehen. Ist in der angeblich so schnell drehenden Internet-Welt dann Microsoft nur noch ein alternder Riese? Manche Branchenenthusiasten nehmen genau das an. Bill Gates habe die Bedeutung des Internets oder von mobilen Telefonen verschlafen und hechle nun der Entwicklung hinterher. Neue, frei zugängliche Computersprachen wie Linux würden sein Monopol aufweichen und Microsoft zu einer Firma unter vielen machen. Die vielen hoch bewerteten neuen Börsenstars seien so kreativ und unkontrollierbar, dass ein Riese wie Microsoft das Rennen verlieren muss.

Mag sein. Doch eherne Regeln des Wirtschaftslebens wie „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“ werden auch in der wundervollen neuen Internet-Welt nicht aufgehoben. Keine andere Computerfirma kann zehn bis zwanzig Milliarden Mark jährlichen Reingewinn in die Entwicklung neuer Produkte stecken. Microsoft schafft das ohne Probleme.

Damit konnten die Strategen aus dem US-Bundesstaat Washington bisher jeden Vorsprung anderer wieder einholen, sei es bei der Tabellenverarbeitung oder bei Internet-Knotenrechnern und -Navigationsprogrammen. Und wenn alles nichts hilft, verschenken sie eben Programme oder Dienstleistungen eine Weile – die Profite aus den Monopolbereichen sprudeln ja weiter.

Natürlich wird es für einen einzelnen Konzern immer schwieriger, in jedem Segment der Softwarebranche die Spitzenposition zu halten. Schließlich werden wir bald von computergesteuerten Geräten aller Art umgeben sein, unser Kühlschrank wird mit der Kasse unseres Edekaladens verbunden sein, und jede bedeutende Industrie wird Produktion und Verkauf über das weltweite Netz optimieren. Hier stößt Microsoft auf Konkurrenten mit ähnlich gut gefüllten Kriegskassen: Große Einzelhändler wie Wal-Mart oder Metro, Autokonzerne oder Mediengiganten à la AOL-Time Warner.

Diese Firmen werden dafür sorgen, dass ihnen Microsoft nicht die Profite zu sehr schmälert. Ihr Grummeln über die hohen Preise von IBM-Großrechnern führte mit zum Aufstieg von Microsoft-Rechnern in den Unternehmen. Und nun arbeiten die alten Etablierten wieder mit neuen Software-Klitschen zusammen, gründen sogar selbst im großen Maßstab Internetfirmen.

Bei all dem Ringen um Marktanteile und Milliardenprofite wird das schwebende Kartellverfahren Microsoft vielleicht behindern und von Konkurrenten als Drohpotenzial gebraucht werden. Aber Microsoft wird auf einige Jahre in vielen Bereichen die dominierende Firma bleiben. REINER METZGER