Enigma und Mata Hari

Von der Maulschelle zum Bundesnachrichtendienst: Die Ausstellung „Streng Geheim!“ zeigt Verschlüsselungsmethoden und Spione  ■  Von Hajo Schiff

Gemüsesäfte, Bier, Milch, Urin - Geheimtinten herzustellem ist nicht schwer. Nicht nur die Schrift kann unsichtbar gemacht werden, die Buchstaben können auch durch Zahlen oder einen Code ersetzt werden: Verschlüsselungsmethoden sind seit der Antike bekannt. Doch je geheimer Nachrichten sind, desto dringender wird der Wunsch, sie zu erfahren. So handelt eine Ausstellung über Verschlüsselungstechniken zwangsläufig auch von Spionen.

Es ist eine ebenso abseitige wie faszinierende Welt, die das Museum für Kommunikation in etwa 250 Exponaten darstellt. Von der Museumsstiftung Post und Telekommunikation in Frankfurt erarbeitet, hat die kulturhistorische Schau nun in Hamburg ihre zweite Station. Im Mittelalter mag es genügt haben, dem Boten eine „Maulschelle“, einen symbolischen Schlag auf den Mund zu geben, damit dieser die überbrachte Nachricht nicht weiter ausplaudert, doch schon im postalischen Dienst der Thurn und Taxis zog manch einer der hohen Herren Briefschreiber es vor, sich verschlüsselter Texte zu bedienen: Schließlich werden bis heute in „Schwarzen Kabinetten“ Briefe geöffnet, gelesen, kopiert und wieder verschlossen. Beim 1955 gegründeten Bundesnachrichtendienst gibt es seit 1990 dafür sogar einen gesetzlichen Rahmen, doch lieber zeigt man hier auf historische Bilder oder Fotos von Stasipraktiken.

Telegraph und Telefon machen den Informationsaustausch immer leichter kontrollierbar, selbst wenn die Geheimtechniken immer perfekter werden. Mit ihren 150 Billionen Möglichkeiten der Verschlüsselung galt der Code der deutschen „Enigma“-Maschine im zweiten Weltkrieg als unknackbar. Doch 1973 wurde bekannt, dass das den Briten mit einer Spezialeinheit und einem frühen Computervorläufer schon seit 1940 gelungen war.

Der aktuelle Vorwurf an die USA, in großem Umfang Wirtschaftsspionage gegen Europa zu treiben, oder die Problematik der sicheren Übermittlung von Finanzdaten im Internet finden zwar noch kaum Darstellung. Doch das ausgebreitete Material ist auch so anregend genug, besonders wo es um Spionage geht. In einer vom Bundeskriminalamt ausgeliehenen Asservatenkammer sind die merkwürdigsten Hilfsmittel, Verstecke und Mikrokameras zu sehen. Die krummen Lebensläufe einiger Meisterspione zwischen den Fronten werden dargestellt und im Katalog sogar mit Interviews ergänzt. Peter Sorge und Otto John, Klaus Fuchs, Nato-Spion „Topas“ und Brandtbeschatter Günter Guilliaume sind einige der Namen aus Krieg und kaltem Krieg, dessen Agentenhauptstadt das geteilte Berlin war.

Deren abenteuerliche Geschichten lassen die Grenzen zur Spionage als Thema der Fiktion verschwimmen: 007 flimmert in Trailern über den Bildschirm, und Greta Garbo spielt Margaretha Geertruida Zelle aus Leeuwarden, besser bekannt als Mata Hari.

„Streng Geheim! Die Welt der verschlüsselten Information“, Museum für Kommunikation, Stephansplatz 5 (Eingang z. Z. Gorch.Fock-Wall), Di - So 9 - 17 Uhr, bis 27. August (Eintritt frei) Filmreihe in Zusammenarbeit mit dem Metropolis: Start mit „Spione“ von Fritz Lang (1927) mit Live-Musikbegleitung am 11. April, 19 Uhr