Zwischen Kühlhaus und Wandschrank

■ „Tiefseefische“ im Theater in der Basilika zeigt die Einsamkeit des Fernsehzeitalters

Wer behauptet, das Fernsehen sei eine Scheinwelt, der lügt. Immer mehr dürfen die Zuschauer zu Hause teilhaben am Geschehen auf der Mattscheibe. Und wen leise Zweifel beschleichen, der verkriecht sich vielleicht vier Monate im Wandschrank und kommuniziert mit dem Freund nur noch via Video. So hält es zumindestAnne in Roland Sprangers Stück Tiefseefische, das am Dienstag im Foyer des Theater in der Basilika Premiere hatte.

Sprangers Text nimmt sich der Fernsehgesellschaft an, deren Glaubensbekenntnis irgendwo zwischen Bitte melde dich und Big Brother angesiedelt ist: Eine Verortung, die nicht glücklich macht, wie die Regie von Iris Radunz zeigt. Diverse direkte Zitate verweisen auf die unablässige mediale Maskerade, das Rollenspiel, dem sich keiner entziehen kann: Ist die S-Bahn-Bekanntschaft von Nico (Andreas Schwankl) eine heisse Fremde, Marilyn Monroe oder eine Fata Morgana, die bestechende Ähnlichkeit mit seiner Freundin Anne (Julia Sittmann) aus dem Wandschrank hat?

Nicos Freund Mike (Henning Karge) ist ein klassischer Nicht-Klarkommer, ein Tiefseefisch mit 80er-Jahre-haarlack.Frisur. Seine Freundin Britt (Christine Heimannsberg) nervt sein Getue seit Jahren, den Absprung schafft sie trotzdem nicht.

Im Foyer des Theaters sitzt das Publikum dicht gedrängt mitten drin in der Szenerie – auch dies eine Vermischung der Realitäten. Ob im zerwühlten Bett, in der Stripbar oder bei Nicos Job im Kühlhaus zwischen heiter baumelnden Pappmaché-Haxen: Die Regisseurin lädt ein zum Voyeurismus. Sie zeigt Figuren, die das Gefühl von ihrem Ich mit der im Fernsehen vorgekauten Schablonenhaftigkeit in Einklang zu bringen versuchen. Schließlich hat das wahre Leben doch noch ein Einsehen und beschert Anne und Nico ein Hollywoodsches Happy End. Denn merke: Liebe ist manchmal stärker als das Fernsehen.

Liv Heidbüchel

 noch heute, 11.-13., 18.-20., 25.-27. April, 20 Uhr, Theater in der Basilika