Kein rechtes Bein auf den Boden

■ Tostedt: Neonazi-Demo gegen „Inländerfeindlichkeit“ untersagt. Polizei will Verbot mit „starken Kräften“ durchsetzen

Der für Freitag Abend angekündigte Aufmarsch militanter Skinheads und Neonazis in Tostedt bei Buchholz ist gestern vom Landkreis Harburg verboten worden. „Wir stellen uns mit starken Kräften darauf ein, das Verbot durchzusetzen“, erklärte Polizeisprecher Jürgen Hacker. Offizieller Anmelder des Marsches „gegen Gewalt und Inländerfeindlichkeit“ ist Danny Marquardt von den „Jungen Nationaldemokraten“ aus Nordrhein-Westfalen. Vor Ort will er sich aber nach eigenen Worten vom militanten Tostedter Skinhead-Chef Sascha Bothe und dem Hamburger Neonaziführer Christian Worch „vertreten lassen“. Ob eine Antifa-Kundgebung im Hindenburg-Park von Tostedt ebenfalls untersagt wird, wird zur Zeit geprüft.

Vorgeschobener Anlass der neuerlichen Neonazi-Demo in der Skinhead-Hochburg ist eine blutige Auseinandersetzung zwischen Skins und so genannten „Russlanddeutschen“ vor dem örtlichen Jugendzentrum. Nachdem Skins mehrfach vor dem Treff Aussiedler provoziert hatten, war es am Abend des 17. März zur direkten Konfrontation gekommen. Dabei war ein 17jähriger Skin durch drei Messerstiche verletzt worden.

Seit fast einem Jahrzehnt versucht die Skin-Szene, die Jugendkultur in der Kleinstadt zu bestimmen. Immer wieder kam es dabei zu Übergriffen auf Ausländer und Antifaschisten. Nun soll mit dem Aufmarsch ein neuer Versuch unternommen werden, „den Kampf um die Straße“ (O-Ton) für sich zu entscheiden und in Tostedt eine „befreite Zone“ zu schaffen – die Umschreibung eines rechten Konzeptes, den politischen und kulturellen Alltag zu bestimmen.

Die Mobilisierung in den Skin- und Neonazistrukturen laufen bereits seit Tagen. Über Internet und das „Freie Info-Telefon“ der „Freien Nationalisten“ um die Hamburger Neonaziführer Thomas Wulf und Christian Worch rufen die Rechten bundesweit zur Teilnahme auf. Zudem werden Neonazi-Skins aus dem Umfeld des „Blood & Honour“-Netzwerks von Sascha Bothe sowie der Lüneburger „Hammerskins“ erwartet.

Erst am 26. Februar hatte Bothes „Blut und Ehre“-Netzwerk bewiesen, dass es weitgehend unbemerkt und an der Polizei vorbei mehrere hundert Skinheads mit einem ausgeklügelten Handy- und Internet-System durch die Republik lenken kann. Zu einem als private Geburtagsfete deklarierten „Rechtsrock“-Konzert versammelten sich in Klein Gladebrügge (Kreis Segeberg) über 800 Nazi-Skins und feierten den 70. Geburtstag des Nazi-Idols Horst Wessel. Das Skin-Konzert war zuvor in Tostedt verbotenen worden.

„Wir müssen diesmal von einer ähnlich hohen Teilmehmerzahl ausgehen“, schätzt Polizeisprecher Hacker. Zudem haben die Neonazis gegen das Verbot Klage vor dem Lüneburger Verwaltungsgericht angekündigt. Wenn die Anordnung des Landkreises nicht aufgehoben wird, versichert Hacker, „werden die Rechten kein Bein auf den Boden bekommen.“

Peter Müller/Andreas Speit