Weiter zusammenleben mit dem eigenen Peiniger

■ Prozess gegen gewalttätigen Partner: „Ich will nur, dass er aufhört“ / Bewährung

Die Wutausbrüche gegen seine Freundin werden einen 24-Jährigen das nächste Mal in den Knast bringen. „Das wissen Sie“, mahnte gestern der Richter den Angeklagten Selahattin A. bei der Urteilsverkündung. Sieben Monate Haft auf drei Jahre Bewährung verhängte das Bremer Amtsgericht wegen Körperverletzung und Nötigung, weil Selahattin A. seine Freundin und die Mutter seiner zwei kleinen Kinder im vergangenen Jahr mehrfach geschlagen und mit Schlimmerem bedroht hatte. Die Frau hatte Anzeige erstattet, war nach kurzer Trennung aber wieder zum Angeklagten zurückgekehrt.

„Wie es weiter geht, hängt jetzt allein vom Angeklagten ab“, stellte der Richter am Prozessende streng fest. Der Anregung von Staatsanwältin und Verteidiger, dem Schläger, der sich nach Auskunft der Frau einer Paartherapie verweigert, diese aufzuerlegen, folgte er jedoch nicht. „Das geht rechtlich noch nicht.“ Selahattin A., der während der eineinhalbstündigen Verhandlung weder Gefühle noch Einsicht zeigte, schwieg dazu. Ihn hat sein Opfer angezeigt. Eine Ausnahme – weil die Frau ihre Anzeigen auch dann nicht zurück nahm, als er sie deshalb schlug und bedrohte.

„Als ich mit dem ersten Kind schwanger war, fing es mit dem Schlagen an“, weinte die blasse Zeugin gestern im Gerichtssaal. „Er rastet manchmal aus.“ Aktenkundig ist dies allein fürs vergangene Jahr viermal. Einmal, nachdem der Angeklagte die Frau auf offener Straße niedergeschlagen hatte, rief eine unbeteiligte Geschäftsfrau die Polizei.

„Ich verstehe nicht, warum er das tut. Immer sagt er, ich hätte was falsch gemacht“, berichtet die Geschlagene tränenerstickt. „Aber ich mache doch fast alles.“ Aufräumen, Putzen, Essen kochen, die Kinder versorgen. Hausfrau sei sie, gab die junge Frau an, die ihren Ausbildungsplatz wegen einer frühen Schwangerschaft verlor. „Ich will nur, dass er aufhört. Sonst hat die Beziehung keinen Sinn. Entschuldige“, wendete sie sich an den Freund auf der Angklagebank. Der nickte ein hilfloses JaJa.

Ärztliche Atteste belegen seine Ausfälle: Verletzungen an Kopf, Brust- und Halswirbelsäule erlitt die Frau bei den Attacken. Polizisten bestätigten, wie aufgewühlt sie die Geschlagene jeweils antrafen und dass sie mit dem Angeklagten „ein längeres eindringliches Gespräch“ gehabt hätten.

Nur der Angeklagte räumt vor Gericht keine Schuld ein. „Ich verstehe nicht, warum meine Frau mich anzeigt“, sagte er. Ja, es habe manchmal „Stress“ gegeben. Durch Schläge mit einem Stromkabel und Tritte habe er seine schwangere Freundin aber nie zur Abtreibung zwingen wollen, streitet er die Vorwürfe einfach ab – oder beschönigt sie. Ja, er habe zu einer Abtreibung des zweiten Kindes geraten. „Sozialmäßig“, sagt der Sozialhilfeempfänger und Gelegenheitsarbeiter. Jetzt, wo das Kind geboren sei, „sieht sie, was ich gemeint habe“.

Ob aber der Angeklagte seine Partnerin versteht? Davon ging die Zeugin gestern nicht aus. Zu ihrer Sicherheit begleitete sie ein Freund des Bruders in die Wohnung, die sie mit dem Angeklagten teilt. „Meine Kinder sollen nicht ohne Vater aufwachsen“, hatte sie vor Gericht gesagt.

ede