Filmstarts à la carte
: Charakterköpfe

Ende des Monats stellt das Filmkunsthaus Babylon wegen Umbau und Renovierung den Spielbetrieb bis zum Herbst vorerst ein. Beschlossen wird das Programm unter anderem mit einer kleinen Werkschau der Filme des dänischen Regisseurs Carl Theodor Dreyer, einem der erklärten Idole von Lars von Trier. Nur, dass Dreyer nicht so viel mit der Kamera herumwackelte. Dreyers Filme kreisen meist um religiöse und metaphysische Themen und sind geprägt von langen Einstellungen, oftmals ruhigen Großaufnahmen von Gesichtern. So auch in seinem wohl bekanntesten Werk „Die Passion der Jungfrau von Orléans“ (1928), in dem er intensiv das expressive Gesicht Maria Falconettis (als Jeanne dÆArc) und die Charakterköpfe ihrer Inquisiteure und Richter erkundet. Unter ihnen befindet sich auch der Dichter und Schauspieler Antonin Artaud, der seine heutige Reputation vor allem der theoretischen Schrift „Das Theater und sein Double“ verdankt. In „La passion de Jeanne d‘Arc“ verkörpert Artaud einen Mönch, der Jeanne auf den Feuertod vorbereitet. Musikalisch begleitet wird der Stummfilm von Jürgen Kurz am Flügel.

„Die Passion der Jungfrau von Orléans“ 9.4. im Filmkunsthaus Babylon

1955 war Orson Welles bei den meisten Hollywoodstudios bereits Persona non grata - der geniale Exzentriker musste seine Filme mit zumeist dubiosen Finanzierungen in Europa drehen. „Mr. Arkardin“ entstand in einer mehrmonatigen Produktionszeit an Schauplätzen in Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien mit Schauspielern, die als Freunde von Welles größtenteils unentgeltlich vor seine Kamera traten, jedoch auch nur kurze Zeit zur Verfügung standen. Der verworrene Plot um einen zwielichtigen Magnaten (Welles mit einem abstrusen Neptun- Bart), der von dem Abenteurer Van Stratten (Robert Arden) Weggefährten seiner kriminellen Vergangenheit ausfindig machen lässt, um diese Leute anschließend umzubringen, legt denn auch wenig Wert auf Plausibilität und Kontinuität. Notdürftig von Van Strattens Off- Erzählerstimme zusammengehalten, bietet der Film statt dessen eine Vielzahl von kleinen schauspielerischen und technischen Kabinettstückchen: Mischa Auer lässt als Direktor eines Flohzirkus seine Flöhe Fußball spielen, Patricia Medina taumelt betrunken über ein sowieso schon schwankendes Schiff (ein Eindruck, den die Kamera mit einer Kombination aus Fahrt rückwärts und Zoom vorwärts unterstützt), und Akim Tamiroff will auch im Angesicht des Todes nicht von seinem Wunsch nach gebratener Leber mit Äpfeln lassen. Ein wahrlich bizarres Unternehmen.

„Mr. Arkardin“ (OF) 7.4., 9.4. im Filmmuseum Potsdam

Letztes Jahr wurde sein einhundertster Geburttag gefeiert, nun jährt sich bereits der zwanzigste Todestag Alfred Hitchcocks. Genau der richtige Zeitpunkt also, um sein makabres Werk vom verblichenen Harry, der einfach keine Ruhe finden will, wieder einmal aufzuführen. In Hitchcocks Gesamtwerk als Komödie eher eine Ausnahme, verdeutlicht „The Trouble with Harry“ gleichwohl das sehr britische Humorverständnis des Regisseurs. äExpress the violent in understatementô, benannte er sein Motto, das in „Harry“ dazu führt, dass der mausetote Titelheld von diversen Bewohnern einer kleinen Ortschaft in Vermont, die sich aus verschiedenen Gründen alle für sein Ableben verantwortlich fühlen, mehrfach in einem idyllischen Waldstück ein- und wieder ausgegraben wird. Als Ex- Ehefrau des Toten hält im übrigen die damals 21-jährige Shirley MacLaine erstmals ihren bezaubernden Bubikopf vor die Kamera.

„Immer Ärger mit Harry“ 8.4.- 9.4. im Filmkunsthaus Babylon

Lars Penning