Hungerstreikgegen Zensur

TUNIS taz ■ Tawfik Ben Brick, Korrespondent der Pariser Tageszeitung La Croix in Tunesien, hat die Schikanen der Zensurbehörden satt. Seit er am Montag wieder einmal wegen zwei seiner Texte vor Gericht geladen wurde, befindet er sich im Hungerstreik.

„Ich protestiere damit gegen Belästigungen, denen meine Familie ausgesetzt ist, gegen das Verbot, in meinem eigenen Land zu schreiben, und gegen die Behinderungen beim Reisen und beim Reden mit den Menschen“, erklärt der Journalist seine Aktion, die er bis mindestens Montag aufrechterhalten will. Dann wartet ein weiterer Gerichtstermin.

Tawfik werden „die Verbreitung falscher Tatsachen, Anstiftung öffentlicher Unruhe und Diffamierung der Sicherheitskräfte“ vorgeworfen. Als Strafe drohen bis zu sechs Jahre Haft. Der Grund: Einer von Tawfiks Texten wurde in dem in Frankreich erschienenen Buch „Notre Ami Ben Ali“ („Unser Freund Ben Ali“) des Maghreb-Korrespondenten der Le Monde, Jean Pierre Tuquoi, veröffentlicht. Der andere der beiden beanstandeten Artikel erschien in der Genfer Zeitung La Tribune. Tawfik berichtet darin über die Schikanen gegen die tunesische Menschenrechtlerin Sihem Ben Sedrine. Das Gründungsmitglied der Vereinigung Demokratischer Frauen Tunesiens befindet sich seit einer Woche ebenfalls im Hungerstreik.

„Tawfik gehört zu den beliebtesten Zielen des Regimes von Präsident Ben Ali“, bestätigt Reporter ohne Grenzen (RsF) in Paris. Vor zwei Jahren wurde Tawfik der Pass abgenommen. Im vergangenen Jahr wurde er auf offener Straße von Zivilpolizisten angegriffen. Mehrere Tage später wurde er unter dem Vorwurf, die Aggression sei von ihm ausgegangen, verhaftet und für mehrere Tage von der Polizei verschleppt – nicht einmal die engsten Angehörigen wussten, wohin.

Anzuklagen hat der streitbare Journalist mehr als genug. Während Ben Ali sein Land gern als eines der liberalsten in der arabischen Welt verkauft und so erfolgreich Investoren und Touristen anlockt, berichten Menschenrechtsorganisationen von einer Zunahme der Repression.

Der vor etwas über einem Jahr von Intellektuellen im Pariser Exil gegründete Rat für die Freiheiten in Tunesien CNLT klagt in seinem letzten Bericht „die Instrumentalisierung der Justiz durch den Polizeiapparat“ an. „Noch nie in unserer Geschichte haben wir uns gegenüber der Polizei so ohnmächtig gefühlt“, heißt es in der Einleitung zum Dossier, das konkrete Fälle von Misshandlungen und Folterungen aufzählt. REINER WANDLER