Eskalation auf der Elbe

■ Verhandlungen über Tarife der See- und Hafenlotsen erneut vertagt. Berufsverband schließt Dienst nach Vorschrift nicht aus

Die Verhandlungen sind festgefahren, beide Seiten sehen keinen Grund, von ihren Positionen abzurücken. Im Streit um die Tarife für die deutschen Seelotsen (taz berichtete) bewegt sich gar nichts. Die neue Verhandlungsrunde in dieser Woche in Bremen ist gescheitert, jetzt will sich die zuständige Arbeitsgruppe im Mai wieder treffen. Hafenwirtschaft und Bundesverkehrsministerium drängen darauf, die Gehälter der Lotsen um bis zu 20 Prozent zu stutzen. Deren Berufsverband wehrt sich vehement dagegen. „Das ist für uns überhaupt nicht akzeptabel“, erklärt der Präsident des Bundesverbandes der See- und Hafenlotsen (BSHL), Kurt Steuer.

Die Stimmung in den sieben Lotsenbrüderschaften an der Küste ist gedrückt, der Ruf nach Kampfmaßnahmen wird lauter. Steuer hält eine Eskalation des Konfliktes für möglich. „Wir denken ernsthaft darüber nach, nur noch Leistungen zu erbringen, für die wir tatsächlich bezahlt werden“, sagt er. Im Klartext hieße das: Dienst nach Vorschrift. Die Folgen würden Reeder und Hafenbetriebe empfindlich zu spüren bekommen. Sie sind zur Zeit die ärgsten Widersacher der Lotsen, haben sie doch immer wieder lautstark die ihrer Ansicht nach zu hohen Lotskosten an den deutschen Küsten beklagt.

Dabei seien die seit 1998 eingefrorenen Tarife speziell der Hamburger Lotsen die niedrigsten pro Seemeile in Europa, kontern die Tarifexperten des BSHL. Das Problem: Um nach Hamburg zu kommen, braucht es eben die Elbe hinunter erheblich mehr Seemeilen, als in Rotterdam oder Antwerpen anzulanden. So wird es letztlich wieder teurer, in Hamburg umzuschlagen als bei der Konkurrenz.

Die Hafenwirtschaft lamentiert daher schon seit langem, die Kosten müssten sinken. Und da fällt ihnen vor allem ein, die Lotstarife zu drücken. Das Lotswesen sei veraltet, ist ihr Credo, das vor allem die Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft HHLA anstimmt. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe stellt nicht nur die Höhe des Lotsgeldes, sondern auch die öffentliche Aufgabe der Lotsen generell in Frage. Am Ende könnte eine Privatisierung der Branche stehen, wie sie zur Zeit in Holland diskutiert wird.

Die Lotsen werfen dem Bundesverkehrsministerium vor, die Position des objektiven Mittlers verlassen und sich einseitig auf die Seite der Wirtschaft geschlagen zu haben. „Es besteht noch Klärungsbedarf,“ erklärte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Auf Einzelheiten zum Stand der Verhandlungen wollte er nicht eingehen. Bis zum Sommer werde man ein Ergebnis vorlegen. Peter Ahrens / lno