Elitäre Geldsammler im Zeichen des Löwen

Der Berliner Ableger des Lions Club fördert kulturelle und soziale Projekte jährlich mit Millionenbeträgen

Natürlich ist der Habitus der Herren nicht modern. Und entsprechend sind von den 27 Clubs in Berlin immerhin 20 reine Herrenrunden. Die Weltanschauung der meisten Mitglieder ist eher konservativ, wenigstens bürgerlich, viele sind gut betucht. Und ganz sicher hat ihre Art nichts gemein mit der von Sozialarbeitern. Doch sozial sind sie allemal, die Damen und Herren des Lions Club International. Für die Mitglieder des renommierten Clubs ist Engagement für das Gemeinwesen Leitgedanke: „We serve. Wir dienen“, heißt ihre Devise, der sie sich seit der Gründung 1917 in den USA verpflichtet fühlen.

„Wir wollen da ansetzen, wo der Staat seinen sozialen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann“, sagt District Govenor Professor Josef Mohren. Allein im zweiten Halbjahr 1999 haben die 800 Berliner Mitglieder über 1,5 Millionen Mark gesammelt – für soziale und kulturelle Projekte.

„Wir könnten ohne diese Hilfe nicht weitermachen“, sagt Gerhard Rähme, Rektor der Carl-von-Ossietzky-Oberschule in Kreuzberg. Lions spendet der Schule mit einem Ausländeranteil von 60 Prozent jährlich 60.000 Mark. Davon wurden 25 Lehrer der Schule nach einem besonderen pädagogischen Konzept des Clubs, Lions Quest, geschult. „Den Lehrern wird beigebracht die Identitätsentwicklung und das Selbstbewusstsein der Schüler zu fördern“, sagt Jeannette Schiemann von Lions. Die Schüler würden diese Stunden die „Ich-Stunden“ nennen. „Vor allem die muslimischen Mädchen üben hier, sich von den fundamentalistischen Haltungen, die ihre Elternhäuser prägen, zu emanzipieren“, so Rähme. Die Mädchen, deren Noten vor dem Programm teilweise sehr schlecht gewesen seien, gehörten mittlerweile zu den Besten ihrer Klassen.

Andere Clubmitglieder haben nach der Auflösung des amerikanischen Militärhospitals Benjamin-Franklin das medizinische Gerät im Wert von 1,3 Millionen Mark in ein Krankenhaus nach Riga geschafft.

Die Lions-Bewegung, die größte ihrer Art in der Welt, nimmt ihr Geld vor allem durch Benefizveranstaltungen wie Konzerte, Modenschauen und Golftuniere ein. Eine Mitgliedschaft kann man nicht beantragen. Man muss gebeten werden. „Wir nehmen nur Menschen auf, die der Sache dienen können“, sagt ein Lions-Mitglied. Entweder müssten die ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder Zeit mitbringen oder über exzellente Kontakte verfügen, wodurch das Sammeln von Spenden und das Ansprechen von Sponsoren erleichtert werde. Entsprechend können auch die Berliner Clubs mit prominenten Namen aufwarten: Dazu gehören Bundespräsident Johannes Rau, Opernstar René Kollo oder der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière .

Lions ist in einzelne Zirkel mit rund 35 Mitgliedern unterteilt. In Berlin hat sich der erste Kreis 1954 zusammengefunden. Die Mitglieder, die einen monatlichen Beitrag von 50 Mark zahlen, kommen zweimal im Monat zusammen. Zum „offiziellen Abend“ lädt ein Club einen Gast ein. Kürzlich wurde Sabine Christiansen ins Grand Hotel Esplanade gebeten. Den zweiten Abend versammeln sich die Clubs in wechselnden privaten Räumen und besprechen neue Projekte. District Govenor Mohren: „Manchmal gehen wir aber auch nur ein Bier trinken. Es versteht sich: nur unter Männern.“ An die Damen müssen sich die Herren erst gewöhnen. Bei Lions sind sie erst 1987 zugelassen worden.

ANNETTE ROLLMANN