Mit Adolf Hitler heraus zum 1. Mai

Die NPD hält Kurs auf die Neonazi-Szene. Doch ein Verbot des geplanten Aufmarschs ist unwahrscheinlich

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hält ein erfolgreiches Verbot der geplanten NPD-Demonstration am 1. Mai für unwahrscheinlich. „Die NPD genießt besten Rechtsbeistand“, erklärte der Senator gestern in der Sitzung des Verfassungsschutzausschusses. In Vorbereitungsgesprächen gebe sich die Partei angepasst und gehe bereitwillig auf Forderungen der Polizei ein. Voraussetzungen für ein Verbot des Aufmarschs würden aber geprüft.

Der Innensenator wies darauf hin, dass ein Verbot nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nur möglich sei, wenn unmittelbare Hinweise auf zu erwartende Straftaten vorlägen. Die Partei will am 1. Mai unter dem Motto „Arbeit für Millionen statt Millionen für das Ausland“ durch Hellersdorf marschieren. Das Landesamt für Verfassungsschutz geht davon aus, dass sich an der Demonstration verstärkt neonazistische und gewaltbereite Skinheads beteiligen werden. Verfassungsschutzpräsident Eduard Vermander teilte mit, die Partei bewege sich auf den harten Kern der rechtsradikalen Szene zu. „Die NPD ist dabei, die Neonazis einzusammeln, um die Straße zu erobern.“

Besonders die neonazistische Skinheadbewegung Blood & Honour wird zunehmend als Rekrutierungsfeld angesehen. Blood & Honour, benannt nach dem Leitmotiv der SS, ist ein rechtsextremes Musik-Netzwerk, das Mitte der Achtzigerjahre in Großbritannien gegründet wurde und in über zwölf Staaten existiert. Der Hauptsitz der „Division Deutschland“ befindet sich in Berlin. Auf ihrer Homepage verherrlicht Blood & Honour die NS-Herrschaft: Bilder von Adolf Hitler und Hakenkreuze zieren den Bildschirm. Schwerpunkt ist das einträgliche Geschäft mit dem Rechtsrock. Aber auch zu Terrorgruppen in Skandinavien hält das Netzwerk enge Kontakte.

In dem Blood-&-Honour-Fanzine Route 88 (die Zahl steht für Heil Hitler) wurde nach Angaben des Verfassungsschutzes zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit der NPD aufgerufen. Auch in Finanzfragen soll das Neonazi-Netzwerk den Erkenntnissen zufolge mit den Nationaldemokraten kooperieren. Das Landesamt rechnet daher mit einer starken Beteiligung von Blood-&-Honour-Aktivisten an dem Aufmarsch in Hellersdorf.

Zulauf bekommt die NPD auch von Angehörigen der militanten „freien Kameradschaften“. Für eine Integration des gewalttätigen Potenzials setzt sich nach Angaben von Verfassungsschutzchef Vermander vor allem der Berliner Landesvorsitzende Andreas Storr ein. Allgemein sei ein Anstieg der Gewaltbereitschaft zu beobachten, auch wenn die Zahl rechtsextremer Straftaten im Jahr 1999 von 82 auf 28 zurückgegangen ist. Die Gefahr einer „Braunen Armee Fraktion“ besteht aber nach Einschätzung von Vermander derzeit nicht: „Bei rechtsextremen Straftaten handelt es sich ausschließlich um individuelle Einzeltaten.“

ANDREAS SPANNBAUER