Klimaschutz wird überrollt

Laut Regierungsstudie verfehlt Deutschland sein Klimaziel – wenn Rot-Grün nicht drastisch den Verkehr eindämmt. Schröder wird sein Versprechen zum Klimaschutz kaum halten können

BERLIN taz ■ Jetzt hat es die Bundesregierung schriftlich: Deutschland versagt beim Klimaschutz, wenn es nicht sehr kurzfristig sehr weitreichende Maßnahmen ergreift. Das geht aus einem bisher unveröffentlichten Gutachten für die Bundesregierung hervor, das der taz vorliegt.

Demnach kann die Bundesrepublik weder die Selbstverpflichtung einhalten, zwischen 1990 und 2005 die Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid um 25 Prozent zu senken, noch die völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung aus dem Kioto-Protokoll von 1997 erfüllen, den Ausstoß von Treibhausgasen zwischen 2008 und 2012 um 21 Prozent zu verringern. Um solchen Werten auch nur näher zu kommen, wären effizientere Kraftwerke, bessere Wärmedämmung an Häusern, eine höhere Mineralölsteuer, Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid und Spritverbrauch oder ein Tempolimit notwendig.

Das Gutachten „Politikszenarien für den Klimaschutz II“ haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das Forschungszentrum Jülich, das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung und das Öko-Institut gemeinsam im Auftrag des Umweltbundesamtes erarbeitet. Auf seiner Grundlage soll eine interministerielle Arbeitsgruppe nach Wegen suchen, das Versprechen von Bundeskanzler Schröder vom Weltklimagipfel im Oktober 1999 einzulösen, Deutschland werde seine Ziele im Klimaschutz erreichen.

Dafür aber bräuchte es ein Wunder: Denn die bisherigen Entwicklungen laufen allen Versprechen und dem Kioto-Protokoll „erheblich entgegen“, zieht das Gutachten Bilanz. „Insoweit ist eine deutliche Zielverfehlung zu konstatieren.“

Wenn nicht sofort auf mehr und besseren Klimaschutz gesetzt wird, gehen die CO2-Emissionen in Deutschland statt der angepeilten 25 Prozent nur um 14 Prozent zurück, lautet die Prognose der Forscher. Von der rund einen Milliarde Tonnen Kohlendioxid, die vor zehn Jahren in die Luft geblasen wurden, würden dann nur 139 Millionen Tonnen eingespart.

Stärkster Bremser beim Klimaschutz ist der Verkehr. Statt eines Rückgangs sind die Emissionen seit 1990 um 11 Prozent gestiegen, bestätigte der Leiter des Klimaschutzprogramms des Bundesregierung, Franzjosef Schafhausen, der taz: „Diese schlimme Entwicklung beim Verkehr ist Gift für eine nachhaltige Politik.“ Auch die privaten Haushalte haben ihren CO2-Ausstoß um 6 Prozent gesteigert. Die Industrie (minus 31 Prozent) und die Energiewirtschaft (minus 16 Prozent) können Erfolge vorweisen, die aber zum Teil auf den Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft zurückgehen. Insgesamt hat die Bundesrepublik ihren Ausstoß von Kohlendioxid bisher um 15,5 Prozent verringert. Doch der Sachverständigenrat für Umweltfragen warnt, das Land befinde sich „nicht auf einem Reduktionspfad, der die Zielerreichung bis 2005 ermöglichen könnte.“

BERNHARD PÖTTER

gebrauchsanweisung SEITE 3