Ein Flirt mit dem Vorsitz

Zwei Namen werden für die Nachfolge von PDS-Chef Lothar Bisky gehandelt. Einer davon ist der von Petra Pau. Die erste Wahl der Herrenriege um Gregor Gysi ist die Landeschefin sicher nicht

von BARBARA JUNGE

Petra Pau fordert die Herrenriege im Karl-Liebknecht-Haus einmal mehr heraus. Die Berliner Landesvorsitzende der PDS wird als Nachfolgerin des scheidenden PDS-Parteichefs Lothar Bisky gehandelt. Und obwohl man hinter den Kulissen weiß, dass die Obergenossen in der Parteizentrale um Gregor Gysi den Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch als künftigen Vorsitzenden präferieren, hält sich Pau die Option auf eine Kandidatur bewusst offen.

Im taz-Interview antwortet Pau auf die Frage, ob es sie reizen würde, die Rolle Biskys zu übernehmen: „Lothar Bisky ist unverwechselbar Lothar und ich bin Petra“. Zwar habe sie nicht die Qualitäten einer „finalen Mülltonne“ (wie Bisky seine Rolle als Parteivorsitzender beschrieben hatte), „aber ich glaube auch, Lothar hat sein Bemühen um Kultur und Kompromisse überschätzt“.

Zunächst müsse nun – da Bisky gestern angekündigt hat, nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen – über Inhalte, nicht über Personalia gesprochen werden. Ein Interesse am Parteivorsitz dementieren wollte Pau jedoch nicht.

Bereits als es bei den Bundestagswahlen 1998 um die Besetzung des prominenten Wahlkreises Berlin-Mitte ging, hatten die führenden Genossen in der Parteizentrale Karl-Liebknecht-Haus diverse Vorschläge für die Besetzung; nur Petra Pau war nicht darunter. Als Kandidaten tischten die Führungsgenossen damals zuerst den Ex-Flottillenadmiral Elmar Schmähling auf – bis bekannt wurde, dass gegen ihn ein Strafverfahren wegen Betruges eingeleitet worden war. Auch einen westdeutschen Gewerkschafter meinte man in Gysis Umgebung als Geheimplan in der Tasche zu haben. Auch daraus wurde nichts.

Nur Petra Pau, die von der Basis favorisiert wurde und ihre Bereitschaft zur Kandidatur schon Monate zuvor parteiintern signalisiert hatte, blieb schließlich als einzige Kandidatin über und holte den Wahlkreis für die Partei.

Die Herrenriege war vor einer Nominierung Paus insbesondere deshalb zurückgeschreckt, weil ihr nicht das nötige Charisma für einen Wahlerfolg zugetraut wurde. Auch für den Parteivorsitz, so heißt es jetzt hinter vorgehaltener Hand, fehle es ihr an Profil und taktischer Finesse. Dagegen sieht man Bartsch als gewieften Taktiker, der nahe am Frontmann Gysi die Fäden in der Hand hält. Zwar gilt auch Bartsch nicht als theoretischer Kopf in der Partei, doch hat er sich deutlicher als Pau in der parteiinternen Auseinandersetzung positioniert. Die Partei zusammenzuhalten, wird ihm eher zugetraut.

Bis zum nächsten Parteitag amtiert noch Lothar Bisky. Spätestens Anfang 2001 muss dann neu gewählt werden. In der PDS geht man jedoch davon aus, dass der entscheidende Parteitag bereits im November diesen Jahres stattfinden könnte.

Noch hat sich keine der beiden potenziellen Nachfolgekandidaten erklärt. Doch in der Partei haben – da Bisky seine Absicht bereits vor kurzem erklärt hatte – die Suchbewegungen längst begonnen. „50 zu 50 mit einer leichten Präferenz für Bartsch“, heißt es aus Parteikreisen zu den Chancen der beiden. „Aber sicher ist Petra Pau nicht die Lieblingslösung bei gewissen Herren“.