Drogenhilfe ist zu dulden

Bundesgerichtshof: Nachbar eines „Kontaktladens“ für Süchtige kann allenfalls finanzielle Entschädigung erhalten

KARLSRUHE taz ■ Der Nachbar eines „Kontaktladens“ für Drogenabhängige muss diesen dulden. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall aus Frankfurt am Main. Unter Umständen kann jedoch ein Ausgleich für entgangene Mieteinnahmen verlangt werden.

Konkret ging es um das 1991 eingerichtete „Café Fix“, eine Tagesstätte für Süchtige im Frankfurter Bahnhofsviertel. Anders als in einem so genannten Druckraum ist in diesen Räumen der Drogenkonsum nicht gestattet, es gibt aber einen Straßenschalter zum kostenlosen Spritzentausch und eine medizinische Ambulanz mit Methadonabgabe. Früher war in dem Gebäude ein Bordell untergebraucht. Auch heute noch ist das Gebiet vor allem vom Sexgewerbe geprägt.

Der Eigentümer des Nachbarhauses, ein Arzt, wollte eine Schließung des „Drogenzentrums“ erreichen, da seine Mieteinnahmen um monatlich 15.000 Mark gesunken seien. Er könne die Geschäftsräume seines Hauses nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Einbußen vermieten. Grund dafür sei die Drogenszene, die sich vor dem Kontaktladen und auch vor seinem Gebäude aufhalte, öffentlich Drogen konsumiere und dabei Gehweg und Hauseingang verunreinige.

Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass der Nachbar eine Schließung der umstrittenen Einrichtungen nicht verlangen könne. Denn die durch Café und Spritzenautomat geleistete Hilfe für die Drogenabhängigen diene „allgemein anerkannten Zielen“.

Möglicherweise bekommt der Arzt nun aber einen finanziellen Ausgleich für seine Mietverluste. Anders als die Vorinstanz, das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, schloss der Bundesgerichtshof einen solchen Anspruch nicht grundsätzlich aus. Der Nachbar muss nun aber beweisen, dass die Mietminderungen gerade auf den „Zugangsbehinderungen“ durch Menschentrauben beruhen. Der vermeintlich „abstoßende“ Anblick von Drogenabhängigen stelle dagegen keine ausgleichspflichtige „Einwirkung“ dar.

Ob und in welcher Höhe der Nachbar entschädigt wird, muss nun wieder das OLG entscheiden. Dort hatte man vor zwei Jahren freilich argumentiert, dass es in Frankfurt ohnehin einen „hohen Leerstand älterer Büroflächen“ gebe (Az.: V ZR 39/99).

CHRISTIAN RATH