Rhodarium light im Endspurt

■ Abgespecktes Rhodarium soll nicht weniger attraktiv werden / Für den Steuerzahler teurer Spaß mit unkalkulierbaren Folgekosten

Wieviel Rhodarium bleibt nach der Rotstift-Rosskur? Genug, um damit Touristenscharen nach Bremen zu locken, meint Michael Werbeck, Naturschutz-Abteilungsleiter im Umweltressort. „Manchmal tut abspecken ja ganz gut ...“ Werbeck nimmt den Aderlass seines Prestige-Projekts gelassen.

Nach wie vor sollen Rhododendren aus verschiedenen Klimazonen gezeigt werden. Für die Pflanzen des meridionalen Raumes allerdings, so kam beim Kostencheck heraus, ist ein eigenes Haus verzichtbar: Bremen bietet auch open air geeignetes Klima. Gestrichen wurde auch das Gebäude für Sonderschauen. Für kleinere Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen wird statt dessen eine „multifunktionale“ Zone im Japan-Haus eingerichtet. Das Borneo-Haus und das „Alpinum“, in dem Himalaya-Vegetation zu sehen sein soll, werden zwar in voller Größe, aber mit deutlich abgespeckter Technik realisiert. Im Borneo-Haus soll das keine Auswirkungen auf die Pflanzen haben. Die Himalaya-Rhododendren werden dagegen zu schnell wachsen, weil die Kunstschnee-Anlage entfällt, die den alpinen Winter simulieren sollte. Hier müssen die Gärtner mit der Schere nachhelfen und die Büsche klein halten.

Weitere Einsparungen sollen ganz ohne Konsequenzen für das Publikum bleiben: Eine billige Acrylglas-Konstruktion, selbstgezogene Pflanzen für die Außenanlagen und der erheblich verkleinerte Verwaltungstrakt schlagen moderater zu Buche. In einem Punkt wird die Stadt die Kostenersparnis wohl gerichtlich erstreiten müssen: Die Architekten haben für die Umplanung 1,3 Millionen Mark Honorar nachgefordert, die die Stadt nicht bezahlen will: Durch ihre Fehlkalkulation hätten sich die Planer die Mehrarbeit selbst zuzuschreiben, so der Senat.

Ganz verzichtet wird schließlich auf die ursprünglich geplanten Räume für die Abendgastronomie. Dennoch erwarten die Betreiber keine finanziellen Einbußen gegenüber ihrer ursprünglichen Kalkulation. Im Gegenteil: Obwohl sie ohne Sonderschauen mit geringeren Besucherzahlen kalkulieren müssen, soll die Ertragslage sogar besser sein, da in der Light-Version weniger Betriebs- und Personalkosten anfallen. Das rechnet Geschäftsführer Carlo Petri von der Universum Managementgesellschaft in einem Brief an seinen künftigen Partner, die Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft (HVG), vor. Beide sollen das Rhodarium gemeinsam mit der RHOPAG betreiben, einem städtischen Eigenbetrieb zur Bewirtschaftung des bestehenden Rhododendronparks. Über HVG und RHOPAG bleibt der Rhodarium-Betrieb mehrheitlich in städtischer Hand – die Universum-Macher steigen mit 40 Prozent ein. Dennoch soll eine Haftung der Stadtgemeinde für etwaige Verluste im Gesellschaftervertrag ausgeschlossen werden. Michael Werbeck sagt dazu: „Ihren Anteil an eventuellen Defiziten müsste die RHOPAG aus den vier Millionen Mark tragen, die ihr der Finanzsenator jedes Jahr für die Unterhaltung des Rhododendronparks zuweist.“

„Rentabilität“ darf in diesem Fall nicht mit der gleichnamigen betriebswirtschaftlichen Kategorie verwechselt werden: Dafür müsste der Betrieb auch die getätigten Investitionen refinanzieren. Die bekommt das Rhodarium aber von der Stadt aus Mitteln des Investitionssonderprogramms geschenkt, den Kapitaldienst für die 56 Millionen Mark trägt der Steuerzahler. Der Rhodariumsbetrieb muss lediglich Mittel für Erhalt und Erneuerung des Gebäudes erwirtschaften. Die ursprüngliche Idee aus dem Finanzressort, durch die Großinvestition wenigstens den Erhalt des umliegenden Rhododendronparks mitzufinanzieren, verkauft Werbeck den Rhodariumsgegnern mittlerweile nur noch in Sonntagsreden. Ansonsten sagt er offen, dass das Geld wegen der erhofften „regionalwirtschaftlichen Effekte“ ausgegeben wird – sprich: um Touristen anzulocken.

Genau vor denen ist den AnwohnerInnen der noblen Marcusallee Angst und Bange: Sie fürchten um ihre Ruhe. Besonders während der Rhododendronblüte komme es am Wochenende zu langen Staus und die ganze Umgebung sei zugeparkt. Anlieger Klaus Bischoff fürchtet sogar, sein Haus irgendwann gar nicht mehr mit dem Auto zu erreichen. Der Geschäftsmann hält bis zu 600.000 BesucherInnen im Jahr für möglich. Aber selbst bei der Hälfte rechnet er an Spitzentagen mit 6.000 Gästen, seit er in anderen Pflanzenparks recherchiert hat, dass drei Viertel der Besucher im Sommer kommen. Michael Werbeck hält den Vergleich für unseriös, da es sich anders als beim Rhodarium überwiegend um wetterabhängige Freiluftangebote handele. Durch gezielte Werbung will er die Besucherströme so kanalisieren, dass bei 280.000 kalkulierten BesucherInnen auch an Spitzentagen nicht mehr als 1.800 Menschen kommen. Die, so Werbeck, seien mit zusätzlichen Parkmöglichkeiten, einer erneuten Umgestaltung der Kreuzung Marcusalle/Heerstraßenzug und der Öffnung des Achterdiek zu bewältigen.

Die Anwohner mögen solchen Lösungen keinen Glauben schenken. Deshalb ziehen sie in der Debatte alle Register: Als Angriff auf die Linienführung des Rhododendronparks, ja sogar gleich auf die ganze vornehme, bescheidene Bremer Parkgestaltung wird der Rhodariums-Bau abqualifiziert, kulturkritisch die Event-Orientierung der heutigen Menschen gegeißelt und schließlich sogar Bremens Über-Bürgermeister Wilhelm Kaisen ins Feld geführt: Schon bei der Eröffnung eines Rhododendron-Gewächshauses auf seinen Namen soll er die böse Vorahnung geäußert haben, „die Bremer“ würden es doch bestimmt wieder abreißen. Nun ist es dem Bauplatz für das Rhodarium gewichen. Auf einen Slogan können sich die meisten Rhodarium-Kritiker einigen: „Rhodarium ja – aber nicht hier!“

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Über das Rhodarium und andere Parks diskutieren die Gäste von Theo Schlüter am Ostersonntag um 11 Uhr auf Radio Bremen Melodie