Zeit zum Zubeißen

Karens KochKunst – die Serie der taz hamburg für GenießerInnen. Teil 41: Hauptsache lecker – Brunchen ist wahre Lebensart  ■ Von Karen Schulz

Eigentlich eine unschöne Wortkombination: Brunch. Irgendwo zwischen Brunft und Bruch angesiedelt? Weit gefehlt - zwischen Breakfast und Lunch. Und mag das Wort auch für manche Ohren merkwürdig klingen, es bezeichnet eine der schönsten Mahlzeiten überhaupt: Nichts geht über Schlemmerorgien vom späten Vormittag bis in die Nacht hinein mit einer Vielzahl von herzhaften und süßen, mehr oder minder sättigenden Le-ckerbissen.

Das Brunchen hat sich in vielen Variationen etabliert: Ob im kleinen oder größeren Kreis im Restaurant oder Café, zu Hause in der Küche oder im Garten oder in Form eines Picknicks - mit beginnendem Frühling wächst die Zahl der Einladungen. Immer häufiger weichen sogar klassische Abendeinladungen, ob zum gediegenen Essen oder zu einer rauschenden Party, dem Angebot eines ausgedehnten Frühstückes. Kein Wunder, schließlich ist es für Gourmets wie Gourmands das wahre Schlaraffenland - es gibt eigentlich kein Gericht, das auf dem Brunch-Büfett unpassend wäre: Konservative FrühstückerInnen greifen zu Brötchen, Marmeladen, gekochten Eiern, Wurst und Käse. Das ist schnell hingestellt und erfordert nicht allzu viele Vorbereitungen. Wers üppiger mag, findet meist diverse Süßspeisen wie Früchtequark, Pfannkuchen oder Crêpes, Obstsalat über Aufwendigeres von Tiramisu bis hin zu üppigen Kuchen und Torten, die wohlweislich für den Nachmittag bereits stehen (aber auch schon morgens verführerisch gut schmecken).

Auch Menschen ohne ausgeprägten sweet tooth haben etwas von diesem Mahl, dafür sorgen herzhafte Leckereien, die von Salatvariationen bis hin zu Braten und Suppen reichen können. Wer sich durch alles hindurch fressen möchte, brauch so seine Zeit - das sollten GastgeberInnen nicht übersehen und Abendveranstaltungen lieber auf andere Tage verschieben.

Im Café zeigen sich an dieser Stelle im übrigen die Nerven der Servicekräfte: Bleiben sie auch nach Stunden des Kaffeenachschenkens ruhig und wird am Büfett ausreichend nachgelegt, hat sich das Etablissement als des Brunches würdig erwiesen. Wo man aber unruhig auf wartende Gäste hingewiesen wird oder nach zwei, drei Gängen am Büfett nur noch Kräuter- und Gemüsedeko vorfindet, weiß man: Hier geht's nicht um Genuss, sondern schlicht ums Geschäft.

Den längsten Atem für das Superfrühstück haben deshalb erfahrungsgemäß private OrganisatorInnen. Wer ihnen die Arbeit etwas erleichtern will, trägt mit jedem erdenklichen Gericht zum Nahrungsangebot bei oder übernimmt ab und an das Kaffeekochen: Ein undankbarer Job, weil selbst Nicht-KaffeetrinkerInnen zu diesem Anlass erbost mit einem Kaffeebecher wedeln, wenn die Kannen leer sind - was ständig der Fall ist.

Zwar gilt es, nach so einem Event eine oft chaotisch zugerichtete Küche (oder Wohnung) zu ordnen, dennoch: Das Brunchen hat einen eigenen Zauber, der die Nachteile schnell vergessen macht und den Genuss und Spaß daran auch retrospektiv deutlich herausstellt.

Wer trotzdem lieber aushäusig brunchen möchte, findet viele Locations und ihre Vorzüge aufgelis-tet in: Brunchen & Co in Hamburg (80 S., 17,80 DM, Companions).