Experiment endete in Ovationen

■ Die Kammerphilharmonie und die Shakespeare Company hatten einen Sommernachtstraum: Sie rührten Shakespeare und Mendelssohn zusammen. Dem Publikum in der Glocke schmeckte dieser Cocktail sehr gut

Die Erwartungshaltung des Bremer Publikums war kaum zu überbieten, als die Deutsche Kammerphilharmonie und die Bremer Shakespeare Company am Sonntagabend in der fast ausverkauften Glocke ihr erstes gemeinsames Projekt vorstellten. Zum einen trafen zwei der angesehensten kulturellen Institutionen Bremens aufeinander. Zum anderen präsentierten die beiden Ensembles auch noch ein Programm, das wie kein anderes für sie geschaffen schien: Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ und Mendelssohns dazu komponierte Theatermusik. Hier der teils tiefgründige, teils zum Klamauk tendierende Humor, dort die virtuose Leichtigkeit der Mendelssohn'schen Vertonung.

Mit Leichtigkeit eröffnete die Kammerphilharmonie die Aufführung zwar nicht. Die berühmten vier Akkorde des Ouvertürenbeginns wurden von Missklängen der Flöten begleitet. Auch in den späteren Wiederholungen der aufgrund schwieriger Intonation anspruchsvollen Stelle konnte dieses Prob-lem nicht behoben werden. Abgesehen von diesem heiklen Motiv jedoch, überzeugte die Kammerphilharmonie unter Leitung von Frans Brüggen in der Ouvertüre mit ihrem vollen Klang, gutem Zusammenspiel und feinsten dynamischen Abstufungen.

Mit von der Partie war ein neu engagierter Trompeter, mit grauem Haarwust und überdimensionaler Fliege: Es handelte sich um den Kobold Puck, der somit als einzige Theaterfigur bereits von Beginn an auf der Bühne zu sehen war. Und dessen erster Einsatz, ein kurzes Trompetensignal, das nach der Ouvertüre den dramatischen Teil einleitete, war für einen Laienmusiker sogar recht passabel.

Nach dem forschen Auftritt sprang der Kobold flugs nach vorn, reichte dem Konzertmeister die Hand und dirigierte dann das Scherzo, welches unter den lächerlichen Bewegungen des Möchtegern-Kapellmeisters im musikalischen Chaos endete.

Es waren solche herkömmlichen musikalischen Gags wie Instrumente zu Werkzeugen umfunktionieren oder in eine Tuba klettern, mit denen die Puck-Darstellerin Uta Krause Lacherfolge erzielen wollte. Es gelang. Verantwortlich waren dafür freilich nicht die an sich doch altbekannten Späße, sondern vielmehr die hervorragende darstellerische Leis-tung. Uta Krause machte der Koboldzunft alle Ehre.

Überhaupt präsentierte sich die Company in großartiger Form. Mit polterndem Auftreten und etwas ungelenken Bewegungen verlieh Christian Kaiser dem Elfenkönig Oberon den Ausdruck eines mächtigen, aber ungeschickten Herrschers, seinem Diener Puck weit unterlegen. Königsgattin Titania, interpretiert von Sylvia Kühn, beeindruckte mit wahrhaft divenhaftem Auftreten. Und Renato Grünig schließlich glänzte in seiner Rolle als Zettel mit witzvoller Darstellung eines dümmlichen Handwerksburschen. Die MusikerInnen passten sich dem hohen Niveau an: Die Solistinnen Rosina Bacher (Sopran) und Carola Guber (Mezzosopran) wussten stimmlich und intonatorisch zu überzeugen. Und das Orchester der Kammerphilharmonie demons-trierte seine Homogenität. Einzig der weltberühmte Hochzeitsmarsch hätte größerer dynamischer Abstufungen bedurft. So wirkte er ein wenig geleiert – eine Gefahr, die bei der Interpretation solcher schon unzählige Male aufgeführter „Klassik-Hits“ immer gegeben ist.

Nach derartigen Schwächen musste man jedoch mit der Lupe suchen. Sowohl die Kammerphilharmonie als auch die Shakespeare Company boten einen großen Abend, für den sie von dem sonst so zurückhaltenden Bremer Publikum mit stehenden Ovationen gefeiert wurden. Johannes Bruggaier