Der Strippenzieher

Perus Präsident hält seinen Geheimdienstberater für „superintelligent, sehr beweglich und sehr analytisch“. Andere sagen, er sei korrupt

Bis vor kurzem gab es nur ganz wenige Fotos von ihm, und darauf legte er großen Wert. Denn Vladimiro Montesinos waltet lieber im Verborgenen, zieht Fäden, befiehlt. Er ist das Erfolgsgeheimnis von Perus Präsident Alberto Fujimori und mit ihm einer der mächtigsten Männer des Landes. Dabei hat das Mitglied des Geheimdienstes SIN offiziell nicht mal ein Amt inne. Inoffiziell aber ist er Fujimoris Geheimdienstberater und steht dem Präsidenten schon zehn Jahre bei. Oder umgekehrt. „Ich glaube, er kontrolliert Fujimori“, sagt etwa Mirko Lauer, Kolumnist der oppositionellen Tageszeitung La República.

Als junger Mann war Montesinos zum Militär gegangen, wurde aber wieder hinausgeworfen, weil er militärische Geheimnisse an den US-Geheimdienst CIA verraten hatte. Seine US-Kontakte hält er bis heute aufrecht. „Ab und zu ruft die CIA an. Es gibt eine gute Kooperation. Das ist gut für beide Länder“, sagt Präsident Fujimori. Als er 1990 zum ersten Mal ins Rennen ging, war Montesinos sein persönlicher Anwalt. Im Präsidentenpalast angekommen, trennte sich Fujimori nicht von seinem Weggefährten: Als er 1992 putschte, soll Montesinos im Dunkeln die Operation geleitet haben. Montesinos sei, „superintelligent, sehr beweglich und sehr analytisch“, so das peruanische Staatsoberhaupt später.

Eng wurde es für Montesinos, als im August 1996 ein Drogenschmuggler vor Gericht aussagte, er habe pro Monat 50.000 Dollar an den Präsidentenspezi überwiesen, damit seine Kleinflugzeuge auf Pisten im peruanischen Urwald zum Drogentransport starten und landen dürfen. Offenbar hat Montesinos noch andere lukrative Einkünfte: Zeitungsberichten zu Folge hat er im vergangenen Jahr etwa 2,6 Millionen Dollar bei der Steuer angemeldet. Woher das Geld kommt, ist unbekannt.

Montesinos wird auch als der Drahtzieher der paramilitärischen Colina-Gruppe gehandelt. Die Gruppe entführte, folterte und ermordete im Jahr 1992 neun Studenten an der Universität von La Cantuta. Ein Jahr zuvor richtete sie ein Massaker an sechzehn Menschen in Barrios Altos bei Lima an. Auch wird Montesinos mit der Ermordung einer ehemaligen Geheimdienstoffizierin und mit der Entführung und Folter von deren Kollegin in Verbindung gebracht. Nebenbei soll er Akten in seinem Besitz haben, die belegen, dass Fujimori nicht in Peru geboren ist – damit könnte er laut Verfassung gar nicht Präsident sein. Vorerst zumindest setzt Montesino dieses Wissen nicht ein: Im letzten Wahlkampf führte er eine Schmutzkampagne gegen die Opposition – natürlich mit Geheimdienstunterstützung. INGO MALCHER