Kein Sieger in Peru

Amtsinhaber Fujimori reichen seine 48,8 Prozent nicht für die Wiederwahl zum Präsidenten. Herausforderer Toledo bei 41,3 Prozent

aus Lima INGO MALCHER

Alles hätte so schön sein können. Am frühen Sonntagabend klettert der peruanische Oppositionskandidat Alejandro Toledo auf den Balkon des Sheraton-Hotels im Zentrum von Lima und erklärt sich zum Sieger der Präsidentenwahlen. Kurz nach Schließung der Wahllokale um 16 Uhr hatten ihn sämtliche Umfrageinstitute zum unbestrittenen Sieger erklärt. „Dass niemand auf die Idee kommt, den Willen des Volkes umzudrehen, sonst bin ich der erste, der in zwei Minuten auf der Straße marschiert“, ruft er tausenden seiner Anhänger zu.

Zwei Stunden später sah alles ganz anders aus. Die unabhängige Beobachterorganisation Transparencia kehrte das Ergebnis um. Nach ihren Berechnungen erstritt der amtierende Präsident Alberto Fujimori 48,8 Prozent der Stimmen. Toledo liegt demnach abgeschlagen mit 41,3 Prozent dahinter. Damit wäre eine Stichwahl zwischen beiden Kandidaten nötig. Noch Stunden zuvor erklärte Toledo, Transparencia sei die einzige Institution, der er vertrauen würde. Kaum war deren Hochrechnung veröffentlicht, stand Toledo schon wieder auf dem Balkon: „Wir werden jetzt ganz diszipliniert und friedlich gegen die Wahlfälschung auf die Plaza ziehen“, rief er. In den Protestzug reihten sich alle wichtigen Kandidaten der Opposition ein. Bei friedlichen Protesten blieb es aber nicht. Sicherheitskräfte versuchten, den Demonstrationszug abzudrängen, und setzten Tränengas ein. Toledos Anhänger bewarfen die Polizisten mit Plastikflaschen.

„Jedes Resultat, bei dem Fujimori über 48,8 Prozent liegt, würde Wahlfälschung bedeuten“, sagt der Kolumnist der angesehenen Zeitschrift Caretas, Fernando Rospigliosi. Damit reagierte er auf Vermutungen, die Regierung könne Fujimori nachträglich mit 51 Prozent zum Sieger erklären. Bis Redaktionsschluss lagen noch keine offiziellen Endergebnisse vor. Die Regierung hatte die offiziellen Resultate für Sonntagabend angekündigt. Doch auch weit nach Mitternacht gab es aus dem Computerzentrum der Regierung noch keine Zahlen.

Eine Beobachterdelegation der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA) kritisierte die mangelnde Transparenz im Wahlprozess und dass das verwendete Computersystem nicht genügend Kontrollmöglichkeiten böte. Auch seien in einigen Wahllokalen Stimmzettel aufgetaucht, bei denen Toledos Liste abgeschnitten worden sei. Die Liste stand auf dem Wahlzettel ganz unten. In Arequipa, rund 1.000 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Lima, notierten die Sicherheitskräfte Namen von Oppositionspolitikern im Wahllokal. Das Auszählungsverfahren der Stimmzettel ist zudem ein kompliziertes Regelwirrwarr. Fujimori, Präsident seit 1990, verteidigte den Wahlprozess dennoch als gerecht und demokratisch.