Sieben aus sechzig gehen Gassi

■ Spartenübergreifende Mischung: Mit einer eigens komponierten Hymne präsentierte Kampnagel-Chef Res Boshart gestern das „Junge Hunde“-Theaterfestival-Programm

Bei der Pressekonferenz zum diesjährigen „Junge-Hunde“-Festival lässt Kampnagel-Chef Res Bosshart zur Einstimmung erst einmal die Junge-Hunde-Hymne erklingen, Ähnlichkeiten mit dem Kraftwerkjingle zur Expo sind dabei rein zufällig: „Fragen Sie mich nicht, wieviel wir bezahlt haben.“

Vom 27. April bis zum 27. Mai werden beim achten Festival für Internationalen Tanz- und Theater-nachwuchs „Junge Hunde 2000“ Hamburger Nachwuchstheatermacher und internationale Gastspiele wieder einem neugierigen Publikum zeigen, wie das Theater der Zukunft aussehen könnte. Die jungen Regisseure, Choreographen und Permormance-Künstler nutzen die Gelegenheit, ihre Produktion einem Forum zu präsentieren, das gerne von Dramaturgen aus ganz Europa besucht wird und ein einmaliges Sprungbrett bietet.

Insgesamt 60 Künstler haben sich mit ihren Konzepten beworben, sieben wurden ausgewählt. Hinzu kommen sieben Gastspiele von Künstlern aus Norwegen, Großbritannien, Italien, Dänemark, Belgien, Slowenien und Italien. Mehr Gewicht erhält in diesem Jahr der Clubbereich. Im Klub N+K wird es immer mittwochs bis sonnabends ein Partyprogramm geben. Diskussionsveranstaltungen und Publikumsgespräche runden das Festival ab. Neu ist der Kunstkiosk, in dem junge Künstler ihre Arbeiten präsentieren können.

Die Mischung ist bunt und oft spartenübergreifend. Die einzelnen Darbietungen sind extrem unterschiedlich. Gerade das ist aber erwüscht, denn es geht hier schließlich in erster Linie um Originalität und Experiment, formal wie ästhetisch.

Den Anfang macht die norwegische Tanzformation Demodans mit ihrer Performance Joystick, begleitet von einer Videoinstallation von H.C. Gillje und der eigenwilligen Musik der Techno-Ambient-Band Sub Gud. Anne Kersting wird in Kodak Suite die literarische Figur der „Maria“ aus Paul Austers Roman Leviathan aufgreifen, die dieser der Pariser Fotokünstlerin Sophie Calle nachempfunden hat.

Die ausdrucksstarke britische Tanzformation Proteindance zeigt einmal einen tänzerischen Geschlechterkampf in Duel und eine Persiflage auf gesellschaftliche Konventionen in Portrait with Group and Duck. Philosophisch nähert sich die Hamburger Tänzerin Sasa Queliz in ihrem Tanztheaterdialog 0, Würfel, 1 dem Thema der Identitätssuche.

Die erste Junge-Hunde-Koproduktion stammt aus Slowenien. Valentina Cabro wird sich in Aprilfools dem Phänomen des Frühlings widmen. Als einzige Diplominszenierung ist Nora Somaini mit Enter Hamlet im Festivalprogramm verblieben. Alle übrigen Examensaufführungen wurden bereits im laufenden Kampnagelprogramm gezeigt.

Dem Phänomen des Schnorrers gehen Hygiene Heute in abgedrehter Live-Art-Manier bei ihrem Kongress der Schwarzfahrer auf den Grund. Das größte Achselzuc-ken wird aber sicherlich die NoRoom Gallery mit dem eigenwilligen Werk Hamburger Schule – das Klassentreffen hervorrufen. Die Hits von Hamburger Schule-Bands wie Blumfeld werden von der betagten Altherrenband Hanseatic Diamonds interpretiert. Die Spielwiese der Jungen Hunde ist eröffnet.

Annette Stiekele