thailänder I – der könig von siamland ... von BJÖRN BLASCHKE
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Es gibt kaum Landeskinder, die weltweit so unterschiedlich geheißen werden wie die Deutschen: Niemski, Tedesci, Germans, Alemands, Almanlar, Prüss – und so weiter und so fort. Dass nur die Deutschen von den Deutschen sprechen, macht einmal mehr deutlich, wie groß die Diskrepanz zwischen Innen- und Außenbetrachtung dieser Bevölkerung ist: Während wir gern Deutsche wären – und uns untereinander auch so bezeichnen –, nennen uns die Ausländer hartnäckig Alemannen und Germanen; ganz so als seien wir die Barbaren von einst, die noch auf Bäumen hausen und nicht längst – wie der Rest der zivilisierten Weltenbewohner – auf Atommeilern und anderen bombastischen Erfindungen.

Wenn wir Deutschen indes von Deutschland sprechen, scheinen wir uns sogar selbst voraus zu sein; so weit voraus, als hätten wir längst ein Einwanderungsgesetz. In unserer Sprache nämlich sind wir weit weniger ausschließlich als in unserem Gebaren. Zum Beispiel sagen wir „in Deutschland“, obwohl es doch offensichtlich immer um das deutsche Land geht, in dem vorrangig Deutsche leben. Dies aber macht Deutschland zu einem ganz bestimmten Land: dem Deutschland. Deshalb müssten wir grundsätzlich „im Deutschland“ sagen, ebenso wie im Argentinien, im Frankreich oder im Thailand ...

Genau diese hären Erkenntnisse ereilten mich, als ich kürzlich Thailand besuchte. Es war eine herrliche Ankunft: Auf dem Flughafen wurde ich von unzähligen lächelnden Menschen begrüßt – und von einem Schild mit der Aufschrift „Welcome in the Land of Smile“. Ich war gerührt; so viele Glückskekse auf Beinen, und das bei 98 Prozent Luftfeuchtigkeit und 40 Grad Celsius. Erst etwas später, in Bangkok, sollte ich erkennen, dass die Menschen nicht aus Leidenschaft lächeln. Nein, sie präsentieren Fremden ein Entschuldigungslächeln, weil sie wissen, dass man sie nicht versteht. Denn um dem Englisch eines Thailänders folgen zu können, sollte man des Thailändischen mächtig sein – und zwar fließend.

Ohnehin musste ich feststellen, dass im Thailand nichts so ist, wie es einen Reiseführer und andere Asiologen glauben machen wollen. Zum Beispiel heißt Thailand nur im offiziellen Thai Thailand, sonst wird es von seinen Bewohnern meistens Siam genannt. Die Sprache heißt mithin Siamesisch, und im Siamesischen wird der Europäer „Farang“ genannt. Ein Begriff, der nicht wie häufig behauptet von „français“ abgeleitet ist, sondern aus der Science-Fiction-Serie „Deep-Space-Nine“ geklaut ist, in der die linkischen Ferengi als Allmitbewohner eine wichtige Rolle spielen.

Im Thai existiert auch der Name Bangkok. Doch die Siamesen nennen Bangkok nur Bangkok, wenn sie mit Ausländern sprechen, denn der wahre Name der Hauptstadt von Siam ist etwas lang: Krungthepmahanakhornbowornrattanakosinmahintaraayuthyamahadilokpopnopparatanaratchathaniburiromudomratchaniwetsanamahasathanamonpimanawatansathit. Eine insgesamt nahrhafte, wenn auch alphabetisch unvollständige Buchstabennudelsuppe aus 149 Einzelteilen. Weil aber der Name ach so lang ist, muss ich an dieser Stelle zunächst enden. Doch lesen Sie schon bald die Übersetzung – wenn es hier, an dieser Stelle heißt: „Thailänder II – Es kann nur einen geben.“