Filmstarts à la carte
: Citizen Kane mit Wasser- Ballett

„Beim Film braucht man eine Story“, meint der Regisseur eines Films über einen Film über eine Broadway-Revue. Deshalb würde er auch gern einen der üblichen Backstage- Plots inklusive Liebesgeschichte abdrehen. Seine Stars, die Komiker Ole Olsen und Chic Johnson, bevorzugen das Stück hingegen so, wie sie es auf der Bühne zum Erfolg geführt haben: als lose Aneinanderreihung von aberwitzigen Gags nach dem Motto „Anything can happen and it probably will“. Am Ende haben in „Hellzapoppin“ (Regie: H.C. Potter) beide Seiten ihren Willen - auch wenn die Waagschale dann doch stärker in Richtung des abstrusen Unsinns ausschlägt. Ole Olsen und Chic Johnson kennt heute kaum jemand mehr, und es steht auch nicht zu vermuten, dass der Welt mit ihrem Abdriften in die Obskurität wahrhaft große Komiker verloren gegangen sind: Im Vergleich wirken Charakterschauspieler wie Mischa Auer (als exzentrischer russischer Prinz) und Hugh Herbert (als inkompetenter Detektiv/Zauberer) heute erheblich lustiger. Und doch ist „Hellzapoppin“ für seine Entstehungszeit (1941) einzigartig, denn kein anderer Real-Spielfilm dieser Ära weist so viele Ähnlichkeiten zum Zeichentrickfilm - insbesondere zu den Cartoons von Tex Avery - auf: Die Gags reichen von physischer Deformation (Olsen und Johnson verschwinden dank eines fotografischen Tricks je zur Hälfte) über sinnlose, aberwitzige Verfolgungsjagden bis zu ständigen Referenzen an das Medium selbst. Da hängt dann beispielsweise in einer Polar-Dekoration ein Schlitten namens „Rosebud“ (“Citizen Kane“ war gerade in die Kinos gekommen), oder die Darsteller stoppen mitten in ihrer Gesangsnummer, um eine Botschaft an einen Zuschauer zu adressieren, dessen Shilouette sich dann prompt auf der Leinwand abzeichnet, als er aufsteht und das Kino verlässt. Und wen das alles noch nicht überzeugt, der darf sich zudem auf diverse Running Gags, die Harlem Congeroo Dancers und vor allem auf das Olive Hatch Water Ballet freuen.

In der Hölle ist der Teufel los“ (Hellzapoppin) 19.4. im Filmmuseum Potsdam

Für den Eiffelturm bewies François Truffaut zeitlebens eine große Faszination. Schon in seinem ersten langen Spielfilm „Sie küßten und sie schlugen ihn“ scheinen alle Straßen immer wieder an der großen Stahlkonstruktion zu münden, und auch in seinem letzten Werk „Vivement Dimanche! - Auf Liebe und Tod“ spielt der Turm eine tragende oder vielmehr eine schlagende Rolle: Bei ihren Bemühungen, den Immobilienmakler Vercel (Jean-Louis Trintignant) von einem Mordverdacht zu befreien, indem sie den wahren Täter ermittelt, schlägt Sekretärin Barbara (Fanny Ardant) nämlich einem Verdächtigen eine eiserne Replika über den Kopf. Nur blöd, dass sich der derart malträtierte Mensch in Truffauts amüsanter Hommage an den Film noir und das Vorbild Hitchcock als harmloser Priester erweist.

„Vivement Dimanche! - Auf Leben und Tod“ 13.4.-16.4. im Moviemento 3

Ohne vordergründige Schockeffekte kommt Carl Theodor Dreyers Horror-Film „Vampyr“ (1932) aus. Die mit wenig Geld und in drei unterschiedlichen Sprachfassungen entstandene deutsch-französische Co- Produktion wirkt eher wie ein irrealer Alptraum, in dem das Spiel von Licht und Schatten (Kamera: Rudolph Maté) Raum für Phantasien und Ängste des Zuschauers lässt. Höhepunkt: der Traum des Helden von seinem eigenen Tod, in dem die Kamera den Blickwinkel des im Sarg liegenden Toten übernimmt.

„Vampyr - Der Traum des Allan Gray“ 16.4. im Filmkunsthaus Babylon

Lars Penning