Gent am Ruder

Die EU-Wettbewerbskommission segnet die Übernahme von Mannesmann unter Auflagen ab

BERLIN taz ■ Ganz Newbury muss ihn gehört haben, den Stoßseufzer von Vodafone-Chef Chris Gent. Gestern hat die EU-Kommission die Fusion seines Konzerns mit der deutschen Mannesmann AG genehmigt, ohne das von ihm befürchtete langwierige Hauptprüfverfahren einzuleiten. Lediglich ein paar Auflagen gilt es zu beachten: Vodafone muss sein Mobilfunknetz bei grenzüberschreitenden Telefonaten zu „fairen Preisen“ für Konkurrenten öffnen und erwartungsgemäß die britische Mannesmann-Mobilfunktochter Orange verkaufen, für die sich die niederländische KPN und die France Telecom interessieren.

Damit kann Gent ab sofort auch bei Mannesmann das Heft in die Hand nehmen. Und er wird es auch tun. Bereits am Montag will er Vorsitzender des Aufsichtsrats werden, insgesamt sollen vier der zehn Mitglieder ausgetauscht werden.

Die neue Machtverteilung als Erstes zu spüren bekommen werden die 90.000 Beschäftigten der fünf Unternehmen der Atecs-Gruppe, also der Techniksparte. Zwar waren sich Gent und Mannesmann-Chef Klaus Esser in der Frage einig, dass VDO, Sachs, Dematic, Rexroth und Demag Krauss Maffei aus dem Konzern ausgegliedert werden sollten. Esser, der bis zur EU-Entscheidung das Sagen hatte, wollte Atecs aber am liebsten im Juni an die Börse bringen, weil er glaubte, dass die Arbeitsplätze in einem eigenständigen Unternehmen am sichersten seien – und vielleicht auch, weil er seinem Konkurrenten und neuen Chef nach der verlorenen Abwehrschlacht ein letztes Mal eins auswischen wollte. Und Gent ging es darum, das Loch, das die Übernahme in die Firmenkasse gerissen hat, möglichst schnell wieder aufzufüllen. 350 Milliarden Mark in eigenen Aktien hatte der britische Mobilfunkkonzern aufbieten müssen, hinzu kommen 60 Milliarden Mark Schulden, die Mannesmann beim Kauf von Orange gemacht hatte. Deshalb bevorzugt der neue oberste Chef den raschen Verkauf. Bieter gibt es bereits: ThyssenKrupp, das sich hauptsächlich für die VDO interessiert und die anderen Teile der Atecs-Gruppe vermutlich schnell losschlagen wollen wird – schon weil sich der Essener Konzern für die Übernahme verschulden müsste. Und ein Konsortium aus Siemens und Bosch, das gestern noch einmal bestätigt hat, die Gruppe mindestens drei Jahre komplett weiterzuführen wollen. Gent hat jetzt die Wahl.

BEATE WILLMS