NRW lässt Juniorwahl platzen

Initiative Kumulus verabredet mit Düsseldorfer Landtag eine Schülerwahl. Jetzt steigt die Wahl in Eigenregie

BERLIN taz ■ Seit zwei Jahren kämpft der Berliner Student Gerald Wolff mit einer ganz konkreten Idee gegen Politikverdrossenheit. Das Projekt heißt: „Juniorwahl“. Schüler sollen symbolisch wählen, damit sie merken: Politik ist nicht öde. Am 14. Mai sollte die erste „Juniorwahl“ in Deutschland ausgezählt werden.

Das Projekt sollte parallel zur „echten“ Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen stattfinden. Auf 1,3 Millionen Stimmen hatten Wolff und sein Team vom Berliner Verein „Kumulus“ gehofft. So viele Schüler besuchen weiterführende Schulen in NRW. Doch jetzt droht eine Wahlbeteiligung von null Prozent – was nicht an der Politikverdrossenheit der Schüler liegt.

Ulrich Schmidt (SPD), der Landtagspräsident in NRW, hat den Geldhahn zugedreht und will auch nicht mehr den Schirmherr für die Schülerwahlen geben. „Für uns nicht erklärbar. Ein Schlag ins Gesicht“, ist Gerald Wolff von Kumulus enttäuscht.

Die Enttäuschung von Kumulus rührt auch daher, dass die Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn eigentlich die Schülerwahlen als ein vorbildliches Projekt bewertet. „Das wäre die Chance, dass sich Schüler auch mit Wahlen auseinandersetzen“, findet Referent Ulf Marwege. Endlich ein „Event“, um Schüler für das dröge Thema „Wahlen“ zu begeistern, hofft er.

Doch auch im Bildungsministerium von NRW hat man die Initiative schon zu den Akten gelegt. Die Idee sei zu spät angemeldet worden, erklärte gestern ein Sprecher. Ein Jahr Vorlaufzeit hätte sein Apparat gebraucht. Minimum. Außerdem bezweifelt das Ministerium, ob die „Juniorwahl“ den Lehrplan überhaupt „sinnvoll ergänzt“ hätte. Die Lehrer hätten nach dem Konzept von Kumulus den Schülern die Wahlzettel überreicht und eine Wahlurne aufgestellt. Die Stimmzettel wären in der Schule ausgezählt worden, die Teilergebnisse hätten die Schulen nach Berlin zum Verein Kumulus gesandt. In der Kumulus-Wahlzentrale wäre dann das vorläufige amtliche Endergebnis mitgeteilt worden. Auch anderswo gibt es diese Form von Testwahl.

Der renommierte Wahlforscher Jürgen Falter von der Uni Mainz weiß das aus Erfahrung. Seine Kinder haben an einer „Kids vote“ teilgenommen, als er vor Jahren Gastprofessor in den USA war. Der Sieger an der „Sunset Hill Elementary School“ in Minnetonka hieß damals Ross Perot. „Die Kinder lernen einen absolut selbstverständlichen Umgang mit der Demokratie“, schwärmt Falter. „Ihr Interesse für Politik steigt.“

Kumulus lässt sich nicht beirren. Der Verein will das Projekt jetzt via Internet möglich machen. Trotz fehlender politischer Schützenhilfe, so Wolff, sollen die Lehrer in NRW mit ihren Schülern eine Symbolwahl organisieren. Das Ergebnis will der Verein am 14. Mai auf seiner Homepage bekannt geben: www.juniorwahl.de.

ASTRID GEISLER