Betrug und Protest

Perus Präsident Alberto Fujimori schummelt sich zögerlich über 50 Prozent. Die Opposition und die USA fordern zweiten Wahlgang

LIMA taz ■ Alberto Fujimori in Sträflingskleidung in einem Gitterkäfig wie einst Guerillachef Abimael Guzmán. So würden seine Gegner gerne den peruanischen Präsidenten sehen. Bislang ist das aber nur eine auf Transparente gemalte Fantasie. Mehr als 30.000 Menschen gingen am Dienstag allein in Lima auf die Straße, um gegen den möglichen Wahlbetrug von Fujimori bei den Präsidentschaftswahlen vom Sonntag zu demonstrieren. Dabei skandierten sie in Sprechchören: „An der Küste, im Urwald oder in der Wüste: Fujimori ist scheiße.“ Die Demonstrationen blieben nicht auf Lima beschränkt, in fast allen größeren Städten des Landes gingen die Menschen gegen Fujimori auf die Straße.

Für die kommenden drei Tage hat der Spitzenkandidat der Fujimori-Gegner, Alejandro Toledo, einen Protestmarathon angekündigt, der am Freitag in einem Generalstreik gipfeln soll. Damit will Toledo die Kräfte sämtlicher Fujimori-Gegner bündeln. „Die Regierung wird mit ihrer Wahlfälschung nicht durchkommen“, rief Toledo seinen Anhängern zu.

Noch immer hat die peruanische Wahlbehörde Onpe keine Zahlen über den Ausgang der Präsidentschaftswahlen vorgelegt. Eigentlich hätte die Onpe am Dienstagabend fertig werden wollen. Doch dann saß auf der Pressekonferenz der Behörde nicht ihr Chef auf dem Podium, sondern sein Vertreter. Leider habe ein Stromausfall die Auszählung lahm gelegt, hieß es zur Begründung – und wieder gab es nur eine erneute Hochrechnung. Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen, entfallen auf Fujimori 49,96 Prozent der Stimmen, auf Toledo 40,28. Weitere Zahlen sollten gestern Abend folgen.

Wahrscheinlich fühlten sich Fujimori und seine Berater nicht sicher genug, seinen Triumph in der ersten Runde anzukündigen, während im Zentrum Limas 30.000 seiner Gegner auf der Straße waren, die auch noch Schützenhilfe der USA erhielten. US-Außenministerin Madeleine Albright sagte in Washington: „Wir sind besorgt darüber, dass es widersprüchliche Zahlen gibt.“ Und US-Präsidentensprecher Joe Lockhart ergänzte: „Wir erwarten einen zweiten Durchgang, und es wird ernste Fragen geben, wenn es zu Ende der Auszählungen anders aussieht.“ Am selben Tag veröffentlichte das US-Repräsentantenhaus eine Resolution, in der es heißt, die USA werden die wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu Peru einfrieren, wenn die Wahlen nicht sauber waren.

Die Kuriositäten am Rande der Wahlen nehmen kein Ende. Der einziger unabhängige Fernsehsender des Landes, „Canal N“, überraschte in einem Internetcafé zwei Männer, die mit mehreren Plastiktüten ausgefüllter Wahllisten Zahlen in die Website der Wahlbehörde eingaben.

INGO MALCHER