IN PERU WIRD ES EINE STICHWAHL UM DAS PRÄSIDENTENAMT GEBEN
: Dumm gelaufen

Perus Präsident Fujimori hat eingelenkt. Vorerst. Er weiß, er hat die Schlacht verloren, nicht aber den Krieg. Dabei war alles so gut abgesprochen und ausgemogelt. Fujimori sollte – auf welche Weise auch immer – im ersten Wahlgang gewinnen. Pech gehabt: Nicht nur das ganze Land war auf der Straße, auch die USA saßen ihm im Nacken. Es wäre ein großes Risiko gewesen, hätte er jetzt seine Wahlfälschung durchgezogen und sich dreist zum Sieger gekürt. Man kann sich trotzdem kaum vorstellen, dass er aus Einsicht gehandelt hat. Ein paar Leute auf der Straße? Die gehen auch wieder mal nach Hause. Die internationale Gemeinschaft? Die wird sich schon wieder beruhigen.

Viele Dinge scheinen auf den ersten Blick wenig plausibel. Die USA haben sich in Lateinamerika bislang nicht gerade als Vorreiter in Sachen Demokratie und Menschenrechte hervorgetan. Und jetzt Parteinahme für die Guten? Weit gefehlt. Ihre Intervention folgt rein machtpolitischem Kalkül. Fujimori ist ihnen zu suspekt geworden. Ein Mann, dem man nicht mehr trauen kann. Unter ihm könnte das Land völlig aus den Fugen geraten. Und genau das ist es, was die USA nicht wollen. Sie fürchten um die Stabilität der Region. Mit Kolumbien, Venezuela und Ecuador haben sie schon genug Ärger. Daher unterstützen sie lieber jemanden, unter dem es vorerst keine Unruhen geben wird.

Toledo heißt der Anführer der Rebellion gegen Fujimori. Es hat ihn nur aus Zufall getroffen: Er war der letzte Oppositionskandidat, der übrig blieb, und damit die einzige Alternative zu Fujimori. Toledo wirkt ein wenig wie Fujimori vor zehn Jahren. Fujimori konnte in Peru an die Macht kommen, weil die Institutionen kaputt waren. In seiner Amtszeit hat er ihnen den Rest gegeben. Toledo stampfte seine Kandidatur ohne Partei und ohne Programm aus dem Boden: Eine Bewegung, zugespitzt auf einen charismatischen Führer.

Toledos Triumph ist nur ein Etappensieg. Fujimori hat über drei Jahre lang daran gebastelt, die Macht über 2000 hinaus zu behalten. Er hat das Verfassungsgericht abgeschafft, Eigentümer von Fernsehanstalten enteignet und sich die arme Landbevölkerung gekauft. Er hat enorme Summen investiert und sich den Geheimdienst gefügig gemacht. All das hat er nicht getan, damit am Wahltag ein Toledo daherkommt, die USA und die Straße gegen ihn hetzen und er das Zepter abgeben muss.

Bislang war der Wahlkampf eine Schlammschlacht gegen Toledo. Jetzt wird der Wahlkampf zum Krieg. Auch hinter den Kulissen wird Fujimori die Drähte ziehen, damit die Dinge im zweiten Wahlgang besser klappen, der Betrug besser vertuscht wird als im ersten Wahlgang. Niemals wird er die Macht freiwillig abgeben. INGO MALCHER