IWF-Hilfe gegen Armut?

JA  ■ taz-Redakteurin KATHARINA KOUFEN: Mit dem IWF hat die Staatengemeinschaft immerhin ein schlagkräftiges Instrument zur Hand, das sie sinnvoll für die Armutsbekämpfung nutzen könnte – wenn der Fonds seine Strategie ändern würde.

Der IWF ist zwar ein ausgesprochen schlechter Entwicklungshelfer: Sein bislang einseitig auf Wirschaftswachstum und Haushaltsdisziplin basierendes Rezept hat viele Arme noch ärmer gemacht, hat Jobs – so schlecht bezahlt sie auch gewesen sein mochten – wegrationalisiert, hat durch Privatisierung staatlicher Unternehmen und das Verbot öffentlicher Subventionen – etwa von Grundnahrungsmitteln – viele Menschen ihrer elementaren Sicherung beraubt.

Aber mit dem IWF hat die Staatengemeinschaft immerhin ein schlagkräftiges Instrument zur Hand, das sie sinnvoll nutzen könnte. Und das ist allemal besser, als ein so wichtiges Thema wie die Armutsbekämpfung dem freien Markt zu überlassen.

Es stimmt zwar, dass die Weltbank – und nicht der IWF – dafür zuständig ist, Kredite explizit nach bestimmten Entwicklungskriterien zu vergeben. Der Währungsfonds geht hingegen nach der Wachstumsphilosophie vor: Wenn die Wirtschaft erst einmal wächst, sickern die Erträge dieses Wachstums schon bis zu den Armen nach unten durch. Doch wer, wenn nicht der IWF, hätte das Potenzial und die institutionelle Ausstattung, sinnvolle Reformen in den Entwicklungsländern durchzuführen? Schließlich ist es in Ländern mit Versorgungskrisen offensichtlich, dass sie Wirtschaftsreformen durchführen müssen. Was dem IWF bislang fehlt, ist ein tragfähiges Konzept, wie solche Reformen tatsächlich dazu führen, dass es den Armen besser geht – und nicht dazu, dass IWF-Kredite die Kassen von Exportfirmen zum Klingeln bringen.

Wer, wenn nicht der IWF, könnte das dafür benötigte Kapital zu günstigen Konditionen zur Verfügung zu stellen? Wenn sich die Entwicklungsländer – wie in dem kürzlich veröffentlichten Meltzer-Report in den USA vorgeschlagen – ihr Geld nur noch bei privaten Banken leihen könnten, dann müssten sie „normale“ Zinsen in Kauf nehmen – und die werden um so höher sein, je größer das Risiko einer Geldanlage im entsprechenden Land ist.

Wer, wenn nicht der IWF, könnte weltweite Finanzmarktkontrollen durchsetzen – wenn sich die Länder denn eines Tages darauf einigen würden? „Entwicklungshilfe“ heißt ja nicht nur, günstige Kredite für Projekte zu vergeben, die die Geber- und Empfängerregierungen als sinnvoll betrachten. Wirkliche Hilfe muss dort ansetzen, wo die größten Schäden entstehen. Und das ist – im Zeitalter freien Geld- und Warenaustausches – dort, wo hoch spekulatives Privatkapital investiert und binnen Stunden wieder abgezogen wird.

Die Alternative zu einer sinnvollen Instrumentalisierung des IWF in seiner heutigen Form wäre nämlich, den Fonds auf seine ursprünglichen Aufgaben zurückzustutzen. Und das ist falsch, denn die Weltwirtschaft ist heute eine ganz andere als 1944: Damals waren die meisten Länder durch feste Wechselkurse finanzpolitisch miteinander verbunden. Der Währungsfonds hatte die Aufgabe, bei Kursschwankungen schnell genügend Dollar zur Verfügung zu stellen. Heute hingegen sind die Wechselkurse zwischen den großen Wirtschaftsräumen flexibel. Zudem unterlag der Kapitalverkehr nach dem Krieg zahlreichen Beschränkungen. „Feuerwehr“ bei Währungskrisen zu spielen, was heute zur wichtigsten Aufgabe des IWF geworden ist, stand 1944 nicht zur Debatte. Außerdem wurde der Währungsfonds gegründet, lange bevor die Schuldenkrise der „Dritten Welt“ überhaupt ein Thema war.

Wer heute vom Währungsfonds „back to the roots“ fordert, leugnet diese Entwicklung der letzten 55 Jahre. Der IWF sollte bei der Armutsbekämpfung offensiv vorgehen und seine Macht sinnvoll nutzen. Dafür sollten sich die Europäer bei der Frühjahrstagung in Washington einsetzen.

Katharina Koufen (29) ist Wirtschaftsredakteurin bei der taz.