Kunst-Hoffnung – Rumpelstilzchen-Fieber

■ Das offene Atelier der „Nachtschwärmer“ stellt seine Werke aus / Wieder Mut und Selbstbewußtsein durch Kunsttherapie gewinnen / Problem: Zurzeit ist eine ABM-Stelle gestrichen, sie soll aber auf Honorar-Basis fortgeführt werden

„Rumpelstilzchen im Fieber“ ist in Walle. In leuchtendem Blau, Pink, Gelb und Grün hüpft es auf dem Bild von Helmut Mahlstedt – zu sehen auf einer Ausstellung der „Nachtschwärmer“ in der Immanuel Gemeinde.

Entstanden ist das bunte Kunstwerk im offenen Atelier des Café „Klatsch“. Dort treffen sich seit zwei Jahren die „Nachtschwärmer“: ein Verein für Psychatriebetroffene, entstanden aus einer Selbsthilfegruppe. Die Gäste reden, spielen oder kommen einfach, um nicht allein zu sein. Damit wollen sie verhindern, dass sie reif für die Psychatrie sind und dann dort mit Medikamenten ruhig gestellt werden. Durch den Kontakt und die Gespräche mit „LeidensgenossInnen“ und PsychologInnen wollen die Gäste mit ihren psychischen und sozialen Problemen umgehen lernen. Und das bevorzugt nachts und am Wochenende. Dann kommt meistens das Gefühl von Einsamkeit hoch. Aber die Hilfsorganisationen sind um diese Zeit geschlossen. Dafür steht die Tür des Cafés offen: für Menschen, denen nachts vor lauter Grübelei über ihre Probleme die Decke auf den Kopf fällt und deren Nerven blank liegen. Aber auch „Normalos“ sind willkommen.

Die „Nachtschwärmer“ bieten nicht nur eine heimelige Umgebung. Spezielle Angebote sollen die Betroffenen von ihren Problemen ablenken – wenigstens für eine gewisse Zeit. Im Laufe der letzten zwei Jahre kristallisierten sich Gruppen für LiteratInnen, ZeitungsmacherInnen und eben KünstlerInnen heraus. „Das Ziel ist es nicht, die Bilder zu bewerten oder Diagnosen zu stellen“, erklärt Barbara Hofmann, Kunsttherapeutin und Leiterin des offenen Ateliers. Sondern die Gäste sollen spielerisch bisher versteckte künstlerische Fähigkeiten entdecken. Manchmal geben die Kunstwerke den Anstoß, über Probleme zu sprechen. Denn beim Malen auf Seide oder beim Bearbeiten von Linoleum können verdrängte Ängste zum Vorschein kommen. Oder die KünstlerInnen gewinnen durch gelungene Werke Mut und Selbstbewusstsein, sich zu zeigen. So wie jetzt mit bunten und fröhlichen Gemälden auf ihrer Ausstellung in Walle.

Mit Hilfe der Kunsttherapeutin Barbara Hofmann sind fröhliche Werke in bunt-leuchtenden Farben entstanden. Nichts ist zu sehen von Einsamkeit und Depressionen. Nur die Bildtitel lassen auf das Innere der KünstlerInnen schließen: zum Beispiel „Der Baum der Hoffnung“ von Andreas Labuschewski. Hoffnung haben ihm die „Nachtschwärmer“ gegeben, erzählt der Künstler. Und Hoffnung habe er auch, dass die Kunstgruppe in Zukunft bestehen bleibt.

Denn die auf zwei Jahre befristete ABM-Stelle der Kunsttherapeutin ist ausgelaufen. Zwar macht Barbara Hofmann vorerst auf Honorarbasis weiter, allerdings nur noch einmal in der Woche – freitags von 20.30 bis 23.30 Uhr. „Die Arbeit ist mir sehr ans Herz gewachsen. Und ich erkenne meine Gäste schon am Gang“, meint Hofmann. Deshalb möchte sie auch ihre Kunsttherapie im offenen Atelier der „Nachtschwärmer“ fortsetzen.

Die Werke der „Nachtschwärmer“ sind bis zum 15. Juni im Foyer der Immanuel Gemeinde, Elisabethstrasse 17-18, in Bremen-Walle zu sehen – Infos unter Tel.: 38 31 16. Das Café „Klatsch“, Helgolander- Ecke Vegesackerstraße, ist donnerstags bis sonntags von 20 bis 2 Uhr geöffnet. Weitere Informationen zu den „Nachtschwärmern“ gibt es unter Tel.: 2 77 95 61

Tina Bauer