Live and let die – wie James Bond gegen Nacktschnecken

■ Nur die Harten komm' in Garten. Denn der Kampf gegen Unkraut und Ungeziefer verlangt unbarmherzige Härte

Meine Mutter will die Lizenz zum Töten vergeben. An drei chinesische Laufenten. Die gefiederten Auftragskiller sollen die Nacktschnecken in ihrem Garten zur Strecke bringen. Bisher musste sie das dreckige Geschäft selbst erledigen, und das scheint ihr auf Dauer die Laune verdorben zu haben. Kein Wunder, denn ihr Gartenweg war stets gepflastert mit unzähligen Schneckenleibern.

Einige starben den grausamen Tod durch die Gartenschere. Andere ertranken in Eimern randvoll mit Bier. Letzten Sommer, als das Glibber-Getier auch noch den liebevoll gezogenen Broccoli meiner Mami verhunzt hatte, wurde sie richtig brutal und griff zum Waterloo einer jeden Biogärtnerin. Schneckenkorn. Der qualvolle Tod durch Austrocknen.

Eben noch tut man sich gütlich am zarten Blattwerk, müpfelt hier ein Eckchen Salat, dort ein Röslein Broccoli und plötzlich fühlt man den Schleim versiegen, die Stielaugen ziehen sich in den ausgedörrten Leib zurück, die Haut fängt an zu spannen, und man merkt, wie die letzten Lebens-Säfte versiegen. Ein letztes Aufzucken, ein letzter boshafter Biss in den Broccoli und ... aargh! Röchel! Schlirp, schlmpf ... Der Rest war Schnecke.

Gartenarbeit ist altes Testament, live vom Komposthaufen: Schöpfen und vernichten. Zeitgemäß ausgedrückt: „To live and let die“ oder „Im Angesicht der Gartenschere“. Die Vollblut-GärtnerInnen unter Ihnen wissen, wovon ich rede. Wir alle haben uns schon einmal von einem hübsch blühenden Unkraut becircen lassen und es – gegen besseres Wissen und den Rat der Nachbarin – nicht ausgerupft. Und wie dankt es die gemeine Ackerwinde? Dieses hinterlistige Gewächs erdrosselt meine Tigerlilien!

Was lehrt uns das? Im Garten wird Barmherzigkeit gnadenlos ausgenutzt. Es gilt, mit eiserner Hacke über Leben und Tod zu walten: Milde und Güte sind hier fehl am Platze. Denjenigen, die „einfach ein bisschen nett gärtnern wollen“ und die Illusion hegen, sie könnten den lieben langen Tag niedliche kleine Vergissmeinicht mit gesundem Regenwasser beträufeln oder liebliche Veilchen sanft in frische Blumenerde betten, rate ich von diesem harten Geschäft ab.

Besonders unappetitlich: das Zerquetschen und Vergiften von Schnecken und Käferlarven. Allen voran die Larve dieses sexgeilen roten Käfers, der nie alleine auftritt, sondern sich stets auf dem Rücken eines anderen Käfers befindet, um noch mehr Gewürm zu produzieren, dass alsdann meinen Lilien den Rest gibt.

Ist Ihnen übrigens aufgefallen, dass dieses Gesocks sich nie über das vermaledeite Unkraut hermacht? Es geradezu verschmäht, obwohl meine Großmutter mich jedes Mal damit zu trösten sucht, dass Girsch, mit Essig und Öl verfeinert, ganz hervorragend munde. Entweder meine Großmutter hat einen ganz anderen Geschmack als Käferlarven, oder aber es gibt da einen Nichtangriffspakt zwischen den Firmen „Fress“ und „Wucher“.

Nein, eine reine Freude ist das GärtnerInnenleben nicht. Aber wer A wie Akelei sagt, muss anscheinend auch B wie Brennessel sagen. Wer einen schönen Garten will, muss leiden. Und leiden lassen. Eiken Bruhn