Deserteure: Kommt nach Bremen

■ Bremer Pazifisten fordern vom Senat eine Aufenthaltsbefugnis für Deserteure aus aller Welt nach dem Vorbild von Münster

Mit signalrot-weißem Absperrband wollen Bremer Friedensaktivisten auf die Situation von Deserteuren hinweisen. Dafür verhüllten sie gestern das Denkmal des Johann-Gottfried Seume, der vor gut 200 Jahren den Kriegsdienst verweigerte. An diese historische Fahnenflucht knüpfen jetzt die Mitglieder der Initiative „Bremische Freiheit für Deserteure“ an: Sie fordern den Senat der Stadt Bremen auf, verfolgte Deserteure aus aller Welt unter ihren Schutz zu stellen, da Desertation und Kriegsdienstverweigerung nicht als Asylgrund anerkannt werden.

Andere Städte haben einen solcher Schutz bereits eingerichtet. Nach Münster, Freiburg, Osnabrück, Göttingen, Rostock und Bonn solle nun auch Bremen ausländische Deserteure in der Stadt aufnehmen, fordert Wieland von Hodenberg von der Initiative. „Wir haben bereits 1996 und während des Kosovo-Krieges eine entsprechende Eingabe an den Senat gerichtet. erklärt Hodenberg: resigniert„Aber es gab bis jetzt keine Reaktion darauf.“

Münster dagegen verabschiedete schon 1996 einen entsprechenden Ratsbeschluss. Um den Fahnenflüchtigen eine legale Aufenthaltsbefugnis zu beschaffen, macht Münster vom städtischen Gastrecht Gebrauch. Münster übernimmt die Kosten für den Lebensunterhalt und die Ausreise. Für ein Jahr können die Deserteure legal in der Stadt bleiben. Dann werde der Fall noch einmal untersucht, erklärt ein Sprecher der Stadt.

Zwar klingt das Konzept in Münster erstmal vielversprechend. Tatsächlich sind aber erst zwei Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien in Münster aufgenommen worden. Der Grund: Die Deserteure müssen vor der Ausreise erst ein Visum bei der deutschen Botschaft beantragen. Der dann von der aufnahmewilligen Stadt und Ausländerbehörde geprüft wird. Erst dann können die Deserteure nach Deutschland eingeladen werden. Aber für Asylsuchende Deserteure, die bereits in Deutschland sind, gelten diese Möglichkeiten nicht: Weil sie für den Visumsantrag wieder zurück in das Kriegsland müssten.

„Natürlich sind das viel zu wenig, die von dem Gastrecht Gebrauch machen können“, kritisiert Rudi Friedrich von der Flüchtlingsorganisation Connection e.V., die sich vor allem um Kriegsdienstverweiger kümmert. Friedrich sieht daher in dem Modell der sechs Städte auch mehr politischen als praktischen Wert. Allein im ehemaligen Jugoslawien, in der Türkei und Algerien gäbe es zehntausende Deserteure, die von Gefängnis bedroht seien und von den Städte-Beschlüsse gar nichts wissen. Wichtig sei aber das politische Signal der Städte an den Gesetzgeber: „Das zeigt: Wir brauchen ein Recht auf Asyl für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, wir wollen die Leute nicht zurück in den Krieg schicken.“

Von der Bremer Innenbehörde war gestern keine Stellungnahme zur Forderung der Friedensinitiative nach einer Bremer Aufnahme von Deserteure zu bekommen.

WiJo