Pferdehäubchen aus Schnee

Große Fragen beantworten wir lieber selbst: Was ist Komik? Eine lehrreiche Kurzvorlesung mit einigen luziden Beispielen aus der komischen Welt des Alltags

Was ist komisch? Eine wichtige Frage. Mit der sich Gott und die Welt beschäftigen. Dann beantworten wir sie lieber gleich selbst. Denn es ist ganz einfach. Hier einige besondere Beispiele. Das heißt, zuvor doch noch etwas Grundsätzliches: Um etwas Komisches zu produzieren, braucht man Witz. Witz ist die Fähigkeit, Ähnlichkeiten zwischen eigentlich nicht Vergleichbarem aufzuzeigen. Wenn ich also vorführe, dieses Brötchen sähe jener Schrippe ähnlich, dann ist das nicht komisch, Brötchen und Schrippen sind sich schon sehr ähnlich. Dagegen können Brötchen, die prominenten Politikern oder Philosophen ähnlich sehen, sehr komisch sein. Schwierig wird es nur, wenn man in dieser Richtung zu anspruchsvoll arbeitet. Ein Brötchen, das Nietzsche ähnlich sieht, das mag noch ankommen, aber Wittgenstein oder Hegel, da wissen doch die Leute gar nicht, wie die aussahen.

In Marokko arbeitet Franz Kafka als Kellner

Sehr komisch ist es auch, wenn man an einem x-beliebigen Ort versucht, jedem Anwesenden einen Prominenten zuzuordnen, dem er ähnlich sieht. Sich in Marokko von einem Kellner Franz Kafka bedienen lassen, entspricht dieser Sparte. Die Menschen sind ja gewöhnlich nicht sehr originell, und so findet jeder ein prominentes Pendant.

Absurde Verwechslungen von Menschen und Gerätschaften können komisch sein, wenn jemand seine Frau zum Beispiel mit einem Hut verwechselt. Dies funktioniert allerdings am besten im Drogen- oder besser noch LSD-Rausch. Ein Zustand, der den Absurdisten zu einer Galaxie, einem unendlich großen Strudel werden lässt. Alle anderen anwesenden Personen werden zu ähnlichen Gebilden, allerdings eher feindlichen Strudeln, die die Biervorkommen rauben wollen.

Des Weiteren ist Komik die Fähigkeit, Verschiedenheiten zwischen Ähnlichem zu entdecken. Da kann schon ein Häubchen aus Schnee auf einem Pferdedenkmal witzig sein. Aber auch das Sammeln missratener Streichhölzer, wie das Sammeln überhaupt und Menschen, die eigenartige Dinge sammeln.

Großartig ist zum Beispiel eine Sammlung gefälschter chinesischer Lampen: Dies sind normale Lampen mit Plastikschirm, auf die chinesische Schriftzeichen und Landschaften, Pflaumenblütenbäume, Drachen und Ähnliches gemalt sind. Die Zeichen aber hat jemand gemalt, der nur eine ungefähre Vorstellung von chinesischen Schriftzeichen hat. Wahrscheinlich wurden diese China-Lampen in Thüringen oder irgendeiner Berliner Hinterhauswohnung hergestellt.

Noch komischer sind wahre Geschichten von Berliner Baustellen. Wenn Arbeiter über Arbeitsschutz belehrt werden, also auch darüber, dass bei versehentlicher Berührung eines unter Strom stehenden Geräts die Muskeln verkrampfen, derjenige nicht mehr loslassen kann und mit Gewalt von dieser Maschine entfernt werden muss.

In Berlin gerät einem Arbeiter ein Steinchen in den Schuh

Nun war aber einem Arbeiter ein Steinchen in den Schuh geraten. Er stützte sich mit den Armen an einem Betonmischer ab und schüttelte sein Bein, den kleinen Störenfried hinauszubefördern. Ein Kollege erfasste, durch die Belehrung geschult, sofort die Situation, ergriff einen Spaten, seinen in Not befindlichen Kollegen zu erretten. Mit einem überraschenden Schlag brach der Retter ihm beide Beine und entfernte so den Kollegen von dem gefährlichen Mischer. Durch diesen unverhofften Vorgang und von den Schmerzen benommen, lag der Arbeiter bewegungslos am Boden und konnte so nicht verhindern, dass der Retter ihm bei einer sofortigen Herzmassage zur Wiederbelebung noch mehrere Rippen brach.

Das ist Komik. Und damit beenden wir an dieser Baustelle unsere kleine Lehrreise in die große Welt des Humors. FALKO HENNIG