Mit Hut sein bei Anweisungen

Anschlagtafeln und Informationen in Hotels und anderen touristischen Einrichtungen strotzen häufigvor unfreiwilliger Komik durch Übersetzungsfehler und sind oft völlig unverständlich für den Nutzer

„1. Nehmen sie die Zimmerschlüssel – Kreichen Sie zur Tür.

2. Befühlen sie die Tür – Wenn heiß, öffnen Sie die Tür nicht.

3. Wenn die Tür kühl, öffnen Sie, aber mit Langsamkeit und mit Hutsein.

4. Beobachten Sie den Gang – wenn rauchig, bleiben Sie niedrig.“

So weit alles klar? Es folgen die Punkte 5 bis 12. „Bleiben Sie am Leben in einem Hotelfeuer“, lautet die eingedeutschte Handlungsmaxime für bedrohte Menschen im Hotel. Sie finden raus?

Gebrauchsanleitungen, Anschlagtafeln und Informationsschriften in Hotels und Museen, Kirchen und Freizeitparks strotzen vor unfreiwilligerKomik, wenn sie ins Deutsche übertragen werden.

Doch auch beim Übersetzen vom Deutschen ins Englische, Französische oder Spanische sind Sprachartisten vom Schlage Heinrich Lübkes am Werk. Besonders touristische (Werbe-)Texte bieten ihnen ein weites Betätigungsfeld; vielerorts lauern Übersetzungsfallen. So wurde beispielsweise die „Hot Line“ der Tirol Werbung mit „Linea caliente“ wortwörtlich ins Spanische übertragen – gleichbedeutend mit „sex hot line“. Wie viele heißblütige Spanier wohl die vermeintliche „call girls“-Nummer gewählt haben? Auch das nett gemeinte Serviceangebot eines deutschen Mittelklassehotels „You are invited to take advantage of the chambermaid“ könnte von manchem business traveller fremder Zunge als Einladung des Zimmermädchens zur Erfüllung seiner intimsten Wünsche interpretiert werden.

Selbst banale Tippfehler vermögen den angepeilten Sinn nachdrücklich zu entstellen. Einkleines „p“ zu wenig, und schwuppdiwupp werden im Italienischen aus cappelli tirolesi (Tiroler Hüte) capelli tirolesi (Tiroler Haare); Letztere dürften im touristischen Kontext eine eher untergeordnete Rolle spielen.

„Die Einwohner von Lille sind gleichzeitig wie Ameisen und wie Grillen. Sie arbeiten gerne, aber sie feiern auch gerne“, hieß es voller Poesie in der deutschen Übersetzung der kommunalen Werbebroschüre „Lille, die Stadt der Neunzigerjahre“. Das vergleichende Tierbild, dem Fabeldichter La Fontaine entlehnt, kennt jedes französische Kind; dem gemeinen deutschen Touristen will es partout nichts sagen.

Dagegen bedeuteten zwei Kapitelüberschriften aus nämlicher Rathausschrift nicht mehr verzeihliche Schnitzer: „Le Patrimoine“ übertrug das beauftragte französische Übersetzungsbüro mit „Das Erbgut“ (gemeint sind „Kulturgüter“) und „Le Cadre de vie“ mit „Der Lebensraum“ (ge-meint sind „Lebensbedingungen“). Erbgut und Lebensraum, Begriffe aus der NS-Zeit, sind im heutigen Deutsch besetzt, ja stigmatisiert und haben in einer touristischen Werbebroschüre nichts zu suchen. Es wäre ein Leichtes gewesen, den Text von übersetzungsgeschulten Muttersprachlern letztendlich gegenlesen zu lassen.

Ach ja, noch mal zurück zum Anfang, Stichwort Hotelfeuer. Punkt 12, der letzte, bringt die vielleicht lebensrettende Botschaft:

„Wenn notwendig atmen Sie frische Luft durch Fenster – aber vorsicht, vielleicht gibt es Heizung und Flamme von unten.“ GÜNTER ERMLICH