Die Uni lädt zu Chips

Die TU führt zum nächsten Semester Chipkarten als Hochschulausweise ein. Die Uni erhofft sich weniger Bürokratie – die Studierenden dagegen befürchten gläserne Personenprofile

von SILVIA LANGE

Die schöne neue Chipkarten-Welt soll sich bald auch auf die Berliner Hochschulen ausdehnen. Im heute beginnenden Semester laufen die Vorbereitungen für eine universitätsübergreifende Campuskarte auf Hochtouren. Vorreiter des „Arbeitskreises Campuskarte der Berlin-Brandenburger Hochschulen“ ist die Technische Universität (TU), die schon im kommenden Wintersemester die ersten Studierenden und Mitarbeiter mit dem Chipkartenausweis ausstatten will. Bisher trägt er den provisorischen Namen „TU-Karte“.

Damit sollen sich die Studierenden per Internet zum Semester rückmelden, zu Veranstaltungen und Prüfungen anmelden, ihre Noten abrufen und Bücher ausleihen können. Auch der Zugang zu Räumen, Rechnerpools und Parkplätzen soll durch das Chipkartensystem unkomplizierter als bisher verwaltet werden.

„Durch die neue Generation von Hochschulausweiskarten verbessern wir den Service für unsere Kunden und vermeiden Warteschlangen“, sagt Klaus Rebensburg, Beauftragter für Information und Kommunikation an der TU Berlin.

Die Uni verspricht besseren Service ohne Warteschlangen

Rebensburg leitet das Chipkartenprojekt, das im Zuge der Verwaltungsreform durchgeführt wird und insgesamt zwei bis drei Millionen Mark kosten soll. Kooperationspartner der TU sind die BVG und die Firma Motorola, die die „Smartcards“ und Lesegeräte liefert und damit ihren Sitz in Berlin auch zu einem Kompetenzzentrum für „Smartcards“ ausbauen will.

Nach der Einführung an der TU soll das Chipkartensystem hochschulübergreifend und in Verbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr in Berlin eingesetzt werden. Damit könnte es zum Referenzprojekt für die Planung einer Bürgerchipkarte für alle BerlinerInnen werden. Bisher experimentieren einzelne Unis wie in Trier, Bremen und Bochum mit Chipkarten, die jedoch jeweils zu unterschiedlichen Zwecken benutzt werden.

Die Vertreter der größten potenziellen Kundengruppe der Campuskarte, Studierende der „AG fish & chips“, stehen dem Vorhaben der TU allerdings skeptisch gegenüber. Für sie enthält die Karte zu viele personenbezogene Daten: Foto, Name und Statusgruppe sind auf den ersten Blick zu sehen, der Chip enthält Matrikelnummer, Hochschulkennung, Gültigkeitsdauer und den privaten Code.

Wenn die BVG mit ihrem elektronischen „tick.et“-Projekt erfolgreich sein sollte, könnte die Chipkarte auch als Semesterticket benutzt werden. Und das Studentenwerk könnte sich auf der Karte „untermieten“, so dass man damit auch das Essen in der Mensa zahlen könnte.

Die Bandbreite der Anwendungsmöglichkeiten lässt sich „mit geringem Aufwand“ erweitern. Dadurch ließe sich theoretisch ein komplettes Bewegungs- und Studienprofil erstellen, befürchtet Jule von der „AG fish & chips“: „Man könnte sehen, mit welcher U-Bahn ich zur Uni gefahren bin, welchen Vorlesungsraum ich mit der Karte geöffnet habe, an welchem Rechner ich wie lange gesurft habe und was ich in der Mensa gegessen habe.“

Die Angst vor dem „gläsernen Studenten“ versuchen die Projektleiter zu zerstreuen: „Die verschiedenen Funktionen des Chips sind vollkommen unabhängig voneinander und können nicht gemeinsam aufgerufen werden.“

Größtmögliche Sicherheit soll ein dreistufiges Verschlüsselungssystem garantieren. Zudem arbeitet die Chipkarte mit der „digitalen Signatur“, der bisher sichersten Methode zur eindeutigen Identifizierung von Personen im virtuellen Raum.

Dass trotzdem jedesmal Spuren hinterlassen werden, wenn man die Karte benutzt, müssen auch die Projektmanager einräumen, die eng mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten zusammenarbeiten. Ein Regelwerk soll dafür sorgen, dass diese Daten zusätzlich zur „technischen Unmöglichkeit“ auch organisatorisch nicht vernetzt werden.

Das konnte beim vorangegangenen Pilotprojekt an der Technischen Fachhochschule nicht ausgeschlossen werden: Die uni-internen Daten auf der Campuskarte konnten dabei auch von Dritten eingesehen werden, zum Beispiel beim Kauf vergünstigter Eintrittskarten.

Selbst wenn diesmal datenschutzrechtlich alles einwandfrei läuft, wird die Chipkarte den Hochschulalltag verändern. Weniger Warteschlangen und eine effizientere Verwaltung sind die Vision der Befürworter.

Die Studenten befürchtenein Mittel zur Disziplinierung

Die Studierenden dagegen befürchten ein Mittel zur Disziplinierung und Ausgrenzung nach dem Motto: „Ist die Karte erst mal da, kann ihre Funktion auch ohne unsere Mitsprache leicht verändert werden.“ So könnte die Anwesenheit der Studierenden mit ihrer Prüfungsanmeldung verknüpft werden. Es wäre auch leichter, Gebühren für Dienstleistungen wie die Computerbenutzung personenbezogen abzurechnen.