ns-gedenkstätte
: ES GEHT NUR UM DIE SACHE

Peter Zumthor ist ausgeflippt. In der Schweizer Botschaft, quasi auf exterritorialem Gelände, hat er verbal geklotzt: gegen den Senat, die Kosten, die Baufirma und die Berliner im Allgemeinen sowie im Besonderen. Denn die sind selber schuld, wenn sie den Entwurf für die Topographie des Terrors nicht so wollen wie er.

Ist das nur Gebrüll aus der Alpenfestung? Wohl kaum. Man kann Zumthor durchaus verstehen. Seit acht Jahren verschleppt das Land den Bau für die NS-Gedenkstätte. Einen Baustopp hat das Projekt bereits hinter sich. Zugleich wird man das Gefühl nicht los, die Gegner der Topographie missbrauchen die Finanzmisere als Katalysator zur Verhinderung einer ungeliebten Gedenkstätte. Und dass der Ruf nach einer anderen Planung den Architekten erst recht auf die Palme bringt, liegt auf der Hand.

Polemik hat bei Bauwerken für NS-Gedenkstätten in der Stadt Tradition, siehe Holocaust-Mahnmal, Jüdisches Museum oder Spiegelwand in Steglitz. Vom Unterhaltungswert politischer Narretei einmal abgesehen: Genutzt hat dies der Sache nie. Im Gegenteil. Deshalb tun SPD-Bausenator Strieder und Architekt Zumthor gut daran, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Das ist in erster Linie, das Projekt nicht weiter zu gefährden. Dazu gehört, sich an einen Tisch zu setzen und Kosten, Konstruktion sowie Termine festzuklopfen, die stimmen und vom Parlament gebilligt werden können. Dazu gehört aber auch – und das ist Strieders Part – politische Überzeugungskraft aufzubringen und keinem faulen Kompromiss das Wort zu reden. Dabei geht es nicht um ein paar bauliche Modifikationen, teuren Weißbeton oder weiß gestrichenen Beton, der erheblich günstiger wäre. Es geht darum, ob die Stadt ein Dokumentationszentrum zur Erinnerung an den SS-Terror braucht und will, das Form und Funktion, Gelände und dessen wechselvolle Geschichte in einer einmaligen Weise verbindet. Will man das nicht, braucht es keinen Zumthor. Will man genau das, und dies war bei der Wettbewerbsauslobung gefordert, braucht es Zumthor – und genau so, wie der es für die Stiftung geplant hat. Das ist, mit Verlaub, ein paar Mark mehr wert. ROLF LAUTENSCHLÄGER