Keine Puste mehr

Beim 0:0 zwischen HSV und Werder Bremen zeigtsich, dass der frische Wind aus dem Norden abflaut

HAMBURG taz ■ Sowohl der Hamburger SV als auch Werder Bremen zeigten am Samstagnachmittag deutlich, dass die Hanseaten-Teams in dieser Spielzeit bislang ziemlich genau an ihrem oberen Limit gespielt haben. Folgerichtig endete das Nordderby torlos. Beide Mannschaften konnten sich zwar noch dazu aufraffen, Möglichkeiten des Gegners zu verhindern, doch selbst einen Treffer zu erzielen, war für keine der bislang so erfolgreichen Sturmreihen drin.

Besonders beim HSV ärgert man sich über die in der vergangenen Woche in Bielefeld und gegen Bremen verlorenen Punkte. Bis auf einen Punkt hätte man an die Bayern herankommen und damit die Chancen auf den zweiten Platz und die direkte Teilnahme an der Champions League wahren können. „Und seien wir ehrlich“, gab HSV-Vorstand Holger Hieronymus offen zu, „die Champions League ist doch der einzige wirklich interessante internationale Wettbewerb.“

Das sieht man auch bei Werder Bremen so. „Unser Ziel ist weiterhin der vierte Platz“, sagt Verteidiger Frank Baumann. Der berechtigt zur Qualifikation für Europas Eliteliga, aber in der Form vom Samstag dürfte es damit nichts werden. Da lautet die Prognose für den amtierenden Pokalsieger eher UI-Cup. Zwar bewiesen die Werderaner hin und wieder, dass sie gefällig angreifen und vor allem mit ihren schnellen Spitzen Ailton und Pizzaro kontern können. Vor dem Tor stellten sie sich dann aber zu dämlich und überhastet an.

Auf der anderen Seite zeigte der HSV sich auch nicht von der mitreißendsten Art. Vom sonst so flüssigen Kombinationsfußball war nicht viel zu sehen. Das mag zwar am Ausfall von sieben Stammspielern gelegen haben, zeigt aber auch, dass die Hamburger von der Substanz her noch keine Spitzenmannschaft der Bundesliga sind. So kann zur Zeit weder der verletzungsbedingte Ausfall von Spielmacher Rodolfo Cardoso kompensiert werden, noch findet sich ein sicherer Torschütze in deren Reihen, der Anthony Yeboah ersetzen könnte. Im Mittelfeld schwächelt gerade jetzt, wo er am dringendsten als Regisseur gebraucht würde, Niko Kovac.

Allein Trainer Frank Pagelsdorf wollte mit seinen Spielern nicht so hart ins Gericht gehen: „Mit unserer Leistung kann ich in der derzeitigen Situation zufrieden sein“, nahm er seine Kicker in Schutz. Und Mittelfeldspieler Bernd Hollerbach bekannte: „Wir gehen einfach auf dem Zahnfleisch.“

Immerhin hat der HSV mit dem Unentschieden sein Saisonziel erreicht. 55 Punkte wollte man holen, um sich für einen internationalen Wettbewerb zu qualifizieren. Darüber hinaus haben die Rothosen mit ziemlicher Gewissheit den dritten Platz sicher und damit die Qualifikationsrunde zur Champions League erreicht. Mehr ist in dieser Spielzeit nicht drin, außer vergebenen Möglichkeiten nachzutrauern und im nächsten Heimspiel gegen Bayer Leverkusen den Bayern aus München zur Meisterschaft zu verhelfen.

Ein wenig verärgerter wirkte Bremens Coach Thomas Schaaf. Dass sein Team nicht einmal auf einem Uefa-Pokalplatz steht, macht ihm zu schaffen. „Wir wollten die Hamburger herauslocken, um so ihre Deckung aufzulösen. Dafür haben wir nicht genug Ruhe im Spiel gehabt“, analysierte er die zerfahrene zweite Spielhälfte. Seine Laune war entsprechend schlecht. Ließ er sich während der Pressekonferenz noch nichts anmerken, sprach sein Gesicht im Mannschaftsbus bei der Abfahrt Bände. Der frische Wind aus dem Norden, mit dem der HSV und Werder Bremen sich anschickten, die Bundesliga ein wenig durcheinanderzuwirbeln, ist zu einem lauen Lüftchen geworden. Alte Fußballweisheiten bestätigen sich doch immer wieder. Wer siegen will, sagte Elek Schwarz einmal, braucht vor allem Luft. Die Hanseaten haben einfach keine Puste mehr. EBERHARD SPOHD

Hamburger SV: Butt - Panadic, Hoogma, Gravesen - Fischer, Doll (56. Yilmaz), Kovac, Hollerbach - Mahdavikia, Uysal (62. Hashemian), Präger (79. Khatibi) Werder Bremen: Rost - Barten - Baumann, Wiedener - Frings, Trares (73. Dabrowski), Eilts, Herzog, Bode (69. Maximow) - Ailton (85. Bogdanovic), PizarroZuschauer: 52.800