DIE EU-SANKTIONEN STOSSEN IN ÖSTERREICH AUF UNVERSTÄNDNIS
: Lachnummer

Wenn die Sanktionen der 14 EU-Staaten das Ziel hatten, die österreichische Regierung zu Fall zu bringen, so muss man ihnen klägliches Scheitern attestieren. Zur schwarz-blauen Koalition in Wien gibt es derzeit keine praktikable Alternative. Das wissen die Demonstranten, die nach wie vor mehrmals die Woche durch die Wiener Innenstadt ziehen, genauso gut wie die Oppositionsparteien SPÖ und Grüne. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Regierungen von Paris bis Lissabon und Helsinki andere Informationen haben. Vielmehr scheint es, dass die Fortsetzung der Isolationspolitik zum Selbstläufer wird, weil schlicht kein Ausstiegsszenario vorbereitet wurde. Wenn wir uns daran gewöhnen müssen, dass bei allen künftigen Gipfeltreffen die Debatte losbricht, wer wem vor den Kameras die Hand reichen darf und wie man die Österreicher aus dem Familienfoto drängt, dann wird die stolze Union zur Lachnummer.

Innenpolitisch jedenfalls haben die Sanktionen der Regierung mehr genützt als geschadet. Das belegen jüngste Umfragen, wonach nur neun Prozent der Befragten sich mit der Position der EU-14 einverstanden erklären. Warum sich ausgerechnet Bundespräsident Klestil, der den Verfassungsrahmen aufs Äußerste ausgereizt hat, um die Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern, im Europaparlament beflegeln lassen muss, ist ebenso wenig einzusehen wie die Entscheidung eines französischen Projektkoordinators, die Österreichische Archäologische Gesellschaft von einem europäischen Forschungsprogramm auszuschließen. Sollen die Tiroler Hoteliers oder die burgenländischen Winzer dafür zahlen, dass 27 Prozent ihrer Landsleute eine rechtspopulistische Partei gewählt haben?

Noch ist die Stimmungslage in Österreich nicht antieuropäisch. Doch die FPÖ, die bis zu ihrem Regierungseintritt integrationsfeindlich aufgetreten ist und die Osterweiterung der EU hinauszögern will, ließ sich nur widerwillig von der europafreundlichen ÖVP zu einem gemeinsamen Kurs vergattern. Deswegen ist es nicht erstaunlich, wenn freiheitliche Funktionäre immer wieder mit Anti-Brüssel-Sprüchen testen, ob die Stimmung umschwenkt. RALF LEONHARD