Die engen Hosen an

■ Wenn Boss Hog, die Band von Sängerin Christina Martinez, auf der Bühne steht, weiß niemand, was einen erwartet

„Wie schreibst du denn über Boss Hog? Emanzipatorisch?“, fragte der Redakteur. Hm. Schwierig. Boss Hog ist die Band von Cris-tina Martinez, der Frau, die mit Jon Blues Explosion Spencer verheiratet ist. Außerdem haben die beiden einen Sohn und spielen gemeinsam in dieser Band, in der sie die (engen) Hosen an hat, nicht er. In Interviews redet sie am liebsten über ihr Dasein als Musikerin, Mutter und Ehefrau und wurde deshalb schon zur „Besonderheit des Rock'n'Roll“ hochstilisiert. Obwohl beispielsweise Kim Gordon oder Courtney Love, aber auch viele andere Frauen auf diesem Planeten unter einer ähnlichen Doppelbelastung Ähnliches schon früher vollbracht haben.

In der Spex vom Februar diesen Jahres erzählte sie, dass sie als Mutter ein viel besserer Mensch geworden sei, äußerte sich nur vage zu feministischen Themen und mochte keine Kämpferin für irgendwas sein. Emanzipatorisch? Sie wird immer von Männern interviewt – bei Frauen holt sie ihre gefürchtete Stutenbissigkeit aus der Handtasche – und bekommt nur selten spannende Fragen gestellt. Wohl, weil sie durch ihre Selbstsicherheit und gute Optik ordentlich für Verwirrung sorgt.

Momentan gibt sie viele Interviews, um das aktuelle Album „Whiteout“ zu promoten, welches ganz anders klingt als das hoff-nungsvolle Debütalbum von 1990. Denn ans neue Werk haben Mainstream-Produzenten wie Tore Johansson oder Andy Gill ihre manikürten Hände gelegt, die auch schon bei den Cardigans und den Red Hot Chili Peppers einige filigrane Ecken weggebügelt haben und es schafften, aus dem alten Sound eine Art Boss Hog Light zu machen.

In besten Momenten mag das wie Garbage klingen und irgendwie ist dies auch immer noch der alte Sex-Beat, nur viel aufgeräumter und kühler als beispielsweise bei den sexy Klassikern wie „I dig you“ oder „Ski Bunny“. Die neuen Stücke können getrost auch in üblerweise „Indie-Discos“ genannten Clubs gespielt werden. Ebenfalls geändert hat sich, dass Frau Martinez für das Cover der neuen Platte im Bikini posierte, nachdem sie sich früher lieber hüllenlos fotografieren ließ.

Emanzipatorisch. Die Frau, die einige für eine Julia Roberts in Trash-Version halten, wollte sich dieses Mal vergewissern, dass auch ihre Eltern die Platte anschauen können, ohne vor Scham rot zu werden. Sehr wohl überrascht werden könnten vielleicht die ZuschauerInnen, die am Donnerstag in die Markthalle pilgern. Schließlich sind Boss Hog dafür bekannt, eine großartige Live-Band zu sein, die bei ihren Konzerten gerne mit unerwarteten Gimmicks aufwartet. Barbara Schulz

Donnerstag, Markthalle, 21 Uhr