Hip Hop – rin in Kopp: Diskos für alle da!

■ „Easter Hip Hop Jam“ im Modernes vereint in- und ausländische Partymeute / Projekt „Disko für alle“ will Trend entgegenwirken, dass „Ausländer an deutschen Diskos“ abgewiesen werden

Wenn Lieschen Kraut und Otto Deutschländer außerhäusig feiern gehen wollen, blättern sie in Veranstaltungskalendern der selbst ernannten Szenezeitschriften und suchen sich was Feines raus. Da gehen sie dann hin, lassen viel Geld an der Kasse, lächeln den Türsteher freundlich an und schwupps! „Ich bin ja schon drin.“

Es ist aber kein Geheimnis, dass in einigen Bremer Diskos Amüsierwilligen der Eintritt verwehrt wird, weil ihr Gesicht den Türstehern zu spanisch oder sonstwie zu ausländisch vorkommt. Da hilft es auch nicht, dass sie Eckart heißen oder einen deutschen Pass vorweisen können. Immer mehr MigrantInnen haben deshalb die Faxen fett und gehen entweder gar nicht mehr weg oder ziehen sich in spezielle AusländerInnen-Clubs zurück, die an wechselnden Orten zum Beispiel im Bremer Delight oder in der Arena in Ritterhude stattfinden. Das Traxx in der Innenstadt bietet ausschließlich Türkish Pop und Artverwandtes an, und demnächst soll es laut Murat Yilmaz sogar eine türkische Singleparty geben.

Murat ist zwanzig und hat überhaupt keine Lust mehr, den Diskos hinterherzurennen, die ihn regelmäßig abweisen. „Man sagt immer integrieren, integrieren. Aber wie soll man sich integrieren, wenn man nirgendwo reinkommt?“ Stattdessen ist er jedes Wochenende auf einem anderen Event, wo vor allem türkische MigrantInnen unter sich bleiben. „Leider“, sagt Murat, denn, „ich sag jetzt mal ,Deutsche', sind herzlich willkommen.“

Auch Hafid Catruat (28) kennt das Gefühl, seine Freunde davor zu warnen, dass sie mit ihm von einer Disko zur nächsten ziehen müssen, weil der Türsteher schlecht gelaunt ist oder Anweisung hat, nicht zu viele Männer mit dunklen Haaren oder dunkler Hautfarbe reinzulassen. Anders als Murat möchte er diese rigid-radikale Einlasspolitik aber nicht einfach schlucken: „Ich will mit allen Leuten feiern können. Es hat keinen Sinn, dass jede Nationalität einen eigenen Club bekommt.“

Deshalb hat er mit Unterstützung des Dachverbandes der Ausländerkulturvereine in Bremen (DAB) das Projekt „DiskoDisko für alle“ gegründet. Die Gruppe von derzeit zehn jungen MigrantInnen und Deutschen will sich dafür einsetzen, dass an jedem Wochentag zumindest eine Disko keine Gesichtskontrolle betreibt. Bisher haben sie vor allem viel geredet: Mit dem „Deutschen Hotel- und Gaststättenverband“, mit DiskobetreiberInnen, sofern die sich dem Problem stellen, und mit Jugendlichen in Freizeitheimen. „Das reicht aber nicht, wir müssen unsere Basis erweitern“, erzählt Norbert Breeger vom DAB.

Die Basis soll deshalb am 23. April im Modernes erreicht werden mit einem „Easter Hip Hop Jam“, auf dem mehr als 20 MCs, DJs und Breakdancer um die Gunst einer Jury rappen, scratchen und die Hüften kreisen lassen werden. Für lau – weil für einen guten Zweck – treten die MCs Defekte Dichtung, MC Sybe und Lokale Vokale (alle Bremen) gegen eine Reihe MCs aus Bremen und Umland an. An den Turntables geben sich unter anderem DJ Maxi und DJ T-Style die Ehre. Mit Händen, Füßen und dem Kopp auf dem Boden scheuern Unique North Style (Bremen), Over the Limit (Hamburg), Break Attack (Münster) und Piranha Style (Lingen).

Nach dem „Ultimate Hip Hop Contest“ wird auf der anschließenden Party weiter gehip-hoppt, und zwischendurch versucht Moderator Hafid Catruat potentielle MitstreiterInnen für das Projekt zu werben. „Du musst was auf die Beine stellen, damit die Leute sehen, dass was passiert. Die wollen nicht diskutieren, sondern Party machen“, erklärt er. Auf Listen können sich Interessierte eintragen, die zu einem Meeting eingeladen werden, wo die weitere Vorgehensweise besprochen werden soll.

„Es geht darum, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sich selbst organisieren und beispielsweise als StreitschlichterInnen geschult werden, ohne dabei zu Hilfssheriffs der Security zu werden“, sagt Norbert Breeger. Manchmal koche es nämlich tatsächlich einfach über, „und die Security schaukelt den Konflikt erst richtig hoch, weil die nicht gelernt haben, anders damit umzugehen.“ Anlass seien häufig die kulturell unterschiedlichen Umgangsformen zwischen den Geschlechtern, erklärt Norbert Breeger und weist auf die Vielschichtigkeit der Problematik hin, die nicht mit Pauschalisierungen wie „alle Diskobesitzer sind Rassisten“ oder „alle Ausländer sind kriminelle Bandenmitglieder“ bewältigt werden kann.

So erzählt Murat Yilmaz, dass er zum Beispiel im Tower und anderen kleineren Clubs noch nie übel rausgeworfen worden sei. Und schwarze Schafe, die immer gleich den dicken Max markieren müssen, sind nicht zwangsläufig ausländischer Herkunft: Auch Heidschnu-cken oder der Hoyerswerderaner Hammel sorgen für Randale. Auf der anderen Seite sei das Frustpotential hoch bei Leuten, denen ständig klar gemacht wird, dass sie nirgendwo hingehören, sagt Norbert Breeger. „Angst und Unsicherheit schlagen leicht in Aggressivität um“. Aggressive Männer wohlgemerkt, denn kein profitversessener Diskothekenbesitzer ist so blöd, eine Migrantin abzuweisen, mit der sich der chronische Männerüberschuss in Diskotheken ausgleichen lässt. Eiken Bruhn

„Easter Hip Hop Jam“ am 23. April im Modernes; Einlass 19 Uhr; Eintritt 12 Mark (nur AK)