Richtig online ist per Handy

Die Firma 12snap ist eine der am höchsten bewerteten deutschen Start-ups – allerdings nicht im Internet, sondern beim M-Commerce, dem Handel per Mobiltelefon. Die Kundschaft wächst rasch und ersteigert Schuhe berühmter Fußballer

von CHRISTIAN KRÄMER

Eine Woche Ägypten für zwei Personen inklusive Flug und 5-Sterne-Hotel für 850 statt 2.500 Mark oder zwei Karten für ein Sting-Konzert für 70 statt 140 Mark – Schnäppchen des neuesten virtuellen Trends: Versteigerungen via Handy.

Online per Desktop kann ja inzwischen fast jeder, richtig trendy online ist ohne Kabel, per Handy. Leider sind die Connectgebühren beim Mobiltelefonieren ziemlich satt, aber auch das soll überwunden werden – zumindest bei Versteigerungen. Die junge Münchener Start-up-Firma „12snap“ (sprich one-two-snäpp) macht es möglich, die virtuellen Versteigerungen halten nun Einzug in den Mobilfunk. Der mobile Handel – neudeutsch M-Commerce genannt – hat „eine sehr große Zukunft“, schätzt Matthias Andreesen von D2-Mannesmann, einem der millionenschweren Förderer und Kooperationspartner von 12snap.

Die Geschäftsidee von 12snap ist simpel: Seit dem 21. Januar können Schnäppchenjäger Waren, Konzertkarten, Reisen und exklusive Dienstleistungen per Handy ersteigern. Jeden Tag gibt es zwischen 17 und 20 Uhr drei verschiedene Versteigerungsrunden – je eine „Event-Hour“ für Konzert- und Theaterkarten, „Shopping-Hour“ für Elektrogeräte und die „Travel-Hour“ für Reisen. An den Wochenenden wird die Palette durch eine „Fun-Hour“ ergänzt, in der beispielsweise Heißluftballonfahrten, Sonnenbrillen und Skiausrüstungen ersteigert werden können. PR-Highlights sind dabei Dinge wie der handsignierte linke Schuh des Fußballtorschützenkönigs Michael Preetz (Hertha BSC Berlin), mit dem er in der letzten Saison 11 seiner insgesamt 23 Tore erzielt hat.

Der Laden läuft nicht schlecht an. Nach zehn Wochen Laufzeit hat 12snap 20.000 registrierte Kunden, einen Umsatz von 300.000 Mark und einen durchschnittlichen Verkaufspreis pro versteigertes Produkt von 375 Mark. Das Hauptproblem laut Geschäftsführung: Angesichts der 5 bis 10 Spezialisten, die sie pro Woche gerne einstellen würden, müssen sie ständig umziehen. Derzeit sind es 40 Angestellte aus 14 Nationen, und das Problem Nummer zwei ist der Mangel an Java-Programmierern, Buchhaltern und Online-Marketing-Leuten.

Die mobile Auktion sei nicht so kompliziert, wie man sich das vielleicht vorstelle, meint Marketingchef Cyriac Roeding. Um einen Überblick über die aktuellen Angebote zu bekommen, muss der Kunde die Kanalfrequenz 123 in seinem Handy einstellen. Sobald diese aktiviert ist, erscheinen die Angebote samt einer Telefonnummer in Form von Kurzmitteilungen (SMS) auf dem Display. Besteht beim Kunden ein Interesse, mitzubieten, kann er sich über die angegebene Nummer in einen Sprachcomputer einwählen, um dort das Mindestgebot zu überbieten.

Die Handykosten für das erste Gebot aller Kunden werden von 12snap übernommen, so dass bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kosten entstehen. Sobald das eigene Gebot übersteigert wird, erhält der Kunde eine SMS. Entscheidet er sich, weiterzusteigern, wiederholt sich die Prozedur, wobei die Handygebühren für die Länge des Gespräches mit dem Computer anfallen. Der Sieger des Preisduells wird automatisch mit dem Call-Center verbunden, um die Zahlungsdetails zu klären.

Dabei hat 12snap Grenzen eingebaut, um die eigenen Kunden vor überteuerten Produkten zu bewahren. Es kann nur bis zu einer Obergrenze geboten werden, die dem handelsüblichen Ladenpreis des Produktes entspricht. Bei Produkten, die dem Kunden geliefert werden müssen, fallen zusätzliche Liefergebühren bis zu 9,90 Mark an. Konzert- und Reisetickets werden unentgeltlich an der Abendkasse bzw. am Flughafen hinterlegt.

Einnahmen fließen in erster Linie aus den Provisionen auf versteigerte Produkte – 12snap verdient an der Marge zwischen dem Einkaufspreis und dem vermittelten Höchstgebot. Da das Unternehmen mit Versandhäusern, Reisebüros und Konzertveranstaltern exklusive Verträge unterhält und keine Lagerkosten anfallen, liegen die Mindestgebote weit unter dem Ladenpreis.

So richtig online – weltweites Netz, diverse Provider und so – ist das Ganze jedoch noch lange nicht: In den Genuss mobiler Versteigerungen, die an und für sich mit allen neueren Handys möglich sind, kommen derzeit ausschließlich Mannesmann-Kunden. Die Firma hat mit 12snap bis zum Jahresende einen Exklusivvertrag abgeschlossen. Mit den anderen deutschen Providern laufen zurzeit Gespräche über eine mögliche Kooperation ab dem Jahr 2001.

Mannesmann fungiert neben einigen illustren Konzernnamen auch als einer der Kapitalgeber des Münchner Start-ups. Auch Handy-Krösus Nokia ist seit Neuestem als Finanzier mit im Boot. In zwei Fianzierungsrunden haben die Münchner nun 23 Millionen Mark an Land gezogen. Damit gehört 12snap in der Branche zu den am höchsten bewerteten Start-ups in Deutschland. Und die Expansion nach Italien, Großbritannien und Frankreich läuft. Damit es wenigstens mal ein Europe Wide Web wird. Und ab 2002 sogar profitabel, so die Pläne.

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