Blumen ohne Schweinerei

Umweltminister Trittin fordert zum Kauf von fair gehandelten Produkten auf. Ökoblumen aus Afrika bekommen Konkurrenz: Jetzt entwickeln auch die niederländischen Züchter ein Umweltschutzsystem für Blumenanbau

von MAIKE RADEMAKER

Eigentlich sind die Zeiten des Kurbelns ja vorbei. Trotzdem: Begeistert kurbelte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gestern an einem kleinen blauen Radio, bis ein Sender losplärrte. Das per Kurbel und Solarzellen arbeitende poppige Rundfunkgerät stammt aus einer südafrikanischen Werkstatt für Behinderte und ist ein Beispiel für den fairen Handel. Für den machte Trittin gestern gemeinsam mit dem Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA), Andreas Troge, und Meinolf Remmert von der NGO „Fair Trade“ in Berlin Werbung. Ein Handbuch, das Ministerium und UBA mit rund 250.000 Mark gefördert haben, gibt erstmals einen vollständigen Überblick über Initiativen und Produkte im fairen Handel.

Als ein Beispiel für lobenswerte neue Initiativen im ökologisch-ethischen Gewand nannte Trittin das „Flower Label“ für ökologisch produzierte Blumen. „Im normalen Blumenanbau, zum Beispiel in Bolivien, passieren ja noch Schweinereien“, sagt er. „Dort wird teilweise noch DDT eingesetzt, was in Deutschland längst verboten ist.“ Blumenzüchter, die das Flower Label an ihr Produkt heften wollen, dürfen keine hochgiftigen Chemikalien einsetzen und müssen ihren Arbeiterinnen Mindestrechte einräumen. Die Menschenrechtsorganisation FIAN hatte mit einer Blumenkampagne Züchter in Afrika und Südamerika von der Idee überzeugen können. Sie sind allerdings nicht die einzigen, denen der Umweltschutz am Herzen liegt.

Auch wenn so manche, und jetzt ökologische, Rose für den Ostertisch eingeflogen wird – über die Hälfte der 1,5 Millionen Tonnen Frischblumen auf deutschen Tischen stammen aus niederländischen Gewächshäusern. Dort hat man die Zeichen der Zeit längst erkannt. Seit 1995 existiert im Nachbarland das „Milieu Project Sierteelt“ (MPS – Umweltprogramm Zierpflanzenbau), das die Züchter selbst ins Leben gerufen haben – 4.500 der rund 8.000 niederländischen Züchter machen mittlerweile mit. MPS-Teilnehmer registrieren zunächst, wo sie sich umweltschädlich verhalten: wie viel Energie sie verbrauchen, wie viel Chemikalien eingesetzt werden. Wer dann seinen Verhalten entsprechend ändert, kann sich für eine Umweltqualifizierung bewerben. Die höchste, Kategorie A, haben mittlerweile 37 Prozent der Teilnehmer. Ökoblumen sind das zwar nicht, aber doch ein Beitrag – 1991 schütteten die Züchter laut Milieufederatie, einer niederländischen NGO, noch 320.000 Kilo Pestizide auf ihre Blumen. Wer in die MPS-A-Kategorie möchte, muss seinen Pestizidverbrauch um 40 Prozent senken.

Hinter dem Sinneswandel der Niederländer steht nicht nur eine ökologische Läuterung: Es sind der Druck der Verbraucher, drohende gesetzliche Maßnahmen und die Konkurrenz des Öko-Siegels, die die Züchter in die Offensive getrieben haben. Der deutsche Blumenfreund wird allerdings kein MPS-Siegel an der holländischen Tulpe entdecken – noch spielt die Qualifizierung nur eine Rolle zwischen Händler und Züchter. „Langfristig soll aber ein Siegel daraus werden“, sagt Jan Vriese, Koordinator von MPS bei der Blumenauktion in Aalsmeer. So könnten die Ökoblumen bald öffentliche Konkurrenz bekommen.

Das Handbuch ist für fünf Mark in Briefmarken erhältlich bei Fair Trade e.V. Bruch 4, 42275 Wuppertal und demnächst im Internet unter www.fairtrade.de